So lange ich denken kann, haben die
Bibel und Jesus Christus eine Rolle in meinem Leben gespielt - zu
unterschiedlichen Zeiten auch ganz verschiedene. Da es meinen Eltern
als Christen wichtig war, mir Gott, Glaube und die Bibel lieb zu
machen, kannte ich schon sehr früh viele Geschichten aus der Bibel
und konnte sie nacherzählen. So habe ich die Phase der Kindheit mit
der Gewissheit erlebt, dass ich einen "großen Freund"
habe, der mich lieb hat und weiß, wer ich bin.
Dieser Freund ist
immer Jesus für mich gewesen. Und doch weiß ich heute, dass er für
mich eher wie ein unerreichbarer Märchenprinz existierte. Er war wie
ein Idol, das ich anhimmelte - aber doch irgendwie unerreichbar.
Meine Phantasie erlaubte es mir, mir vorzustellen, was passieren
würde, wenn er einfach zur Tür hereinkäme. Ich habe es mir oft
gewünscht. Aber es geschah nicht.
Der Übergang vom kritischen Nachdenken
über mich selbst und meine Lebensansichten hin zu einem
"differenzierten" Kopfglauben warf meinen Märchenprinzen
hinaus. Er war nicht gekommen. Nur eine leise Ahnung und eine
Sehnsucht war zurückgeblieben, dass da vielleicht doch irgendetwas
dran gewesen sein könnte. Die Ahnung sagte mir, dass es möglich sein muss,
ihm zu begegnen - wie auch immer.
So war eine Reihe von Jahren geprägt
von einer innerlichen Suche nach mehr als nur einem Märchenprinzen.
Ich stieß auf Bibelstellen, die davon sprachen, dass "bei Gott
die Fülle ist", dass wir "bei ihm keinen Mangel haben",
ja sogar, dass "er allen Mangel ausfüllt". In dieser Zeit
des Suchens ist mir die Bibel ganz neu als ein direkter Zugang zu
Gott wichtig geworden. Ich verstand, dass sie ein Brief Gottes an
mich, an die Menschen überhaupt, ist.
Gleichzeitig lernte ich mit der Zeit
eine Reihe von Menschen kennen, die wie ich ständig oder immer
wieder einen bestimmten "Mangel" in ihrem Leben spürten.
Die wenigsten konnten definieren, was genau sie da fühlten. Einige
glaubten, dass ihr Partner sie nicht genug liebe bzw. nicht angemessen
genug in der Lage sei, Liebe zu zeigen. Andere wiederum vermissten
überhaupt eine Partnerschaft. Wieder andere schoben diese
"Mangelerscheinungen" auf die Tatsache, dass sie nicht
ihren Wunschberuf ausüben konnten und stattdessen Kinder bekommen
hatten (Frauen). Die Gründe schienen verschieden zu sein.
"Aus
seinem Reichtum wird euch Gott...alles geben, was ihr zum Leben
braucht." (Phil.4,Vers19)
Alles geben, was ihr braucht... Auch
Liebe? Zufriedenheit? Ausgeglichenheit? Anerkennung? Wertschätzung?
So kam ich über meine Fragen und die
anderer Christen über Verheißungen und Zusagen, die ich in der
Bibel fand, zu einer Gewissheit, die tief in mein Innerstes fiel: Ja,
genau so ist es: Jesus will meinen Mangel ausfüllen. Jeder Mensch
kann und wird mich enttäuschen- auch der liebste Partner. Doch bei
Gott finde ich vollkommene Annahme, totales Verstehen, tiefe Liebe.
Seitdem lerne ich täglich dazu. Ich
weiß mich geliebt und wertgeschätzt. "Niemand kann mich von
der Liebe Gottes trennen" (Römer 8, Vers 39). Solche und ähnliche Verse finde ich
in der Bibel. Das ist für mich tägliche Realität. Daraus schöpfe
ich Kraft für den Alltag und kann sogar noch etwas weiterreichen,
wenn jemand danach fragt.
Jesus ist für mich einer geworden,
auf den ich nicht mehr warten muss, dass er zur Tür hineinkommt. Er
ist nämlich da, was ich als Kind nicht verstanden habe. Es liegt an
mir, auf seinen Schoß zu klettern oder in seine ausgebreiteten Arme
zu laufen. Heute weiß ich, dass er darauf wartet. Und heute weiß
ich auch, dass es keine Rolle spielt, ob ich es „fühle“, dass er
mir nahe ist. Sondern ich lebe aus der Gewissheit, dass er mir nahe
ist, ganz unabhängig von meinem Lebensgefühl. Das hilft mir, weiter
im Vertrauen zu wachsen und – hoffentlich – zu reifen.
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