Donnerstag, 19. September 2019

Verantwortlich?

Mit einigen Freunden sitzen wir in einem netten Restaurant. Die Tische sind stilvoll eingedeckt, auch ein dreiarmiger silberner Leuchter gehört zur Tischdekoration dazu. Natürlich sind die 3 weißen langstieligen Kerzen bereits entzündet und flackern leicht vor sich hin.
FLACKERN???  Oh ja, sie flackern. Denn aufgrund des warmen Sommerabends ist eine nahe Seitentür geöffnet, und ein leichter Luftzug ist bemerkbar.
Fasziniert beobachte ich die Kerzen.
Nachdem sich genügend flüssiges Wachs gebildet hat, beginnt es überzulaufen, langsam an der Kerze herunter - am Ende angekommen bildet sich langsam wie in einer Tropfsteinhöhle der erste Stalaktit, kann dann den sich bildenden Tropfen nicht mehr halten - und legt ab sofort den Grundstein für die Bildung des zugehörigen Stalagmiten. Auf der weißen Damasttischdecke!
Da reißt mich eine Bemerkung aus meinen meditativen Betrachtungen: "Oh, die Kerzen tropfen!" Im Ton dieser Aussage schwingt deutlich mit:"Wir müssen etwas TUN!" Müssen wir? Ich sage: "ich denke, das hier steht gerade nicht in unserer Verantwortung."

Allgemeine Zustimmung. Ja. Richtig. Wir sind nicht für alles und jedes Geschehen um uns herum verantwortlich. Wir lassen die tropfenden Kerzen zwar nicht aus den Augen, doch nun hat eine kleine Diskussion über "verantwortlich sein oder nicht?" begonnen.
Wofür fühlen wir uns im Alltag eigentlich verantwortlich? Zum einen haben wir gewisse Verantwortungsbereiche, in denen wir unsere Aufgabe auch wahrnehmen sollten.
Doch dann gibt es die vielen kleinen Situationen, in denen wir anderen Leuten dazwischenreden, weil wir das Gefühl haben, sie machen etwas "nicht richtig" und wir müssten sie (ungefragt natürlich) drauf hinweisen. Müssen wir?
Oder die Situationen, in denen unserer Ansicht nach etwa aus dem Ruder läuft. Doch dieses "etwas" gehört in den Verantwortungsbereich eines anderen, einer anderen Gruppe. Sollten wir eingreifen? Wie oft erleben wir da nicht ein "Das geht dich nichts an!" Könnte es sein, dass da jemand recht hat?

Okay, die tropfenden Kerzen vor uns könnten etwas von dem sein, wo man vielleicht ein klein wenig Dankbarkeit dafür erntet, dass man darauf hingewiesen hat. Vielleicht aber auch nicht. Sie sind auch nur ein Beispiel für all die vielen "Kleinigkeiten" des Alltags, über die wir uns Gedanken machen, ohne dass sie uns tatsächlich etwas angehen. Überfürsorge? Kontrolle? Alles selbst in der Hand haben wollen? Aufmerksamkeit bekommen? Gut da stehen? Wahrgenommen werden? Welche Motivation leitet uns, wenn wir uns um Dinge kümmern, die uns "nichts angehen"?

"Alle eure Sorge werft auf IHN, denn ER sorgt für euch!" steht im 1. Petrusbrief Kapitel 5. Ich glaube, wir können mit den Sorgen anfangen, die gar nicht unsere sind, was letztlich bedeutet zu lernen, die Kontrolle über andere loszulassen. Das wäre ein kleiner Schritt in die richtige Richtung. 

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