Donnerstag, 8. November 2012

Kollo: Farm, Argrarfachhochschule




Mittwoch - schon? Andererseits ist es erst der dritte Tag, den wir hier sind. Doch wir haben schon so viele Eindrücke gesammelt, dass es mir viel länger vor kommt.
Bis zum Frühstück ist noch etwas Zeit, ich bin wie gestern auch schon um 7 Uhr wach, wieder gut geschlafen, noch besser sogar J
Gegen halb neun sitzen wir wieder alle am Frühstückstisch.
Heute geht die Gruppe gemeinsam nach Kollo. Mit von der Partie ist Tanja und „Rabe“, einer der Mitarbeiter im HIS-Projekt. Das bedeutet, dass wir mit zwei Autos fahren.

Nach Kollo sind es ca. 30 km über meistens Sandstraßen mit Löchern und Schnellfahrbremsen. Auf der Hinfahrt müssen wir gleich nach Niameys Stadtgrenze Maut bezahlen. Da die Straßen nicht so wirklich zum Schnellfahren einladen, brauchen wir dann auch ne Zeit, um dort hinzukommen.
Unterwegs sichten wir rechts und links an der Straße größere Ansammlungen von kleinen weißen Zelten. "Rotes Kreuz", sagt Yakuoba. Sie wurden hierher geschafft, um den Opfern der Flutkatastrophe vom August vorübergehende Unterkunft zu geben. Immer noch sind eine Reihe Zelte bewohnt, da viele Familien es noch nicht geschafft, haben, ihr zerstörtes Eigentum wieder aufzubauen oder sich neues zu schaffen...

In Kollo besuchen wir als erstes den Bürgermeister. Diesen Besuch hat Daniel initiiert. Ein kurzes understanding – dann fahren wir weiter. 

Auf dem Weg liegt ein kleines Farmprojekt, dass Yakouba uns zeigen möchte. Hier züchtet ein  Farmer Ziegen auf einem Stück Land, dass nun seit einiger Zeit auch eine eigene Pumpe hat, damit also eine eigene Wasserversorgung. Das bedeutet für die Zukunft die Möglichkeit, das Stück Land zu bewässern, erfolgreiche Ernte einzubringen. Das Krankenhaus von Humedica liegt in Sichtweite, könnte also von diesem Land und seinen Erträgen profitieren.

Von hier aus sehen wir auf die über die Ufer getretenen Wasser des Nigers, die Überflutungen, welche die Reisfelder zerstört haben. So laufen wir ein wenig ins Land hinein auf die Wasserflächen zu, immer mehr beobachtet und begleitet von Kindern, die teilweise ganz nackt oder sehr spärlich bekleidet herumlaufen.  Schließlich landen wir am Wasser, wo einige Frauen Wäsche waschen, einige Kinder im Wasser baden – eine fröhliche Runde. Tanja sagt, dass die Kinder deshalb nackt sind, weil gerade ihre Kleidung gewaschen wird und sie eben nichts anderes haben als das, was gerade in der Wäsche ist. Die muss erst trocknen, dann können sie sie wieder tragen. Das Trocknen geht allerdings in der heißen Sonne bei 40 Grad Celsius sehr schnell.

An dieser Stelle habe ich die Idee, die Tüte mit Luftballons, die ich mit mir herumtrage, zu öffnen. Tanja hatte mir den Tipp gegeben, so vier bis fünf rauszurücken und sie den Kindern zum Spielen zu überlassen. Doch was dann  folgt, hätte ich mir vielleicht selber ausrechnen können: Die Kinder strömen in Scharen herbei – aus welchen Löchern kommen die denn alle? Sie umlagern mich, rufen irgendwas (wahrscheinlich ICH AUCH! ICH AUCH!) Und dann sind die ersten kleinen Hände in meiner Tasche, denn natürlich ist ihnen klar, dass da noch mehr drin sein muss. Schließlich rücke ich den gesamten Bestand von 30 Luftballons heraus, drücke sie einem „Großen“ in die Hand und bin die kleinen Schmeißfliegen erst mal los. Denn jetzt stürzen sie sich auf den Kumpel mit der Tüte... J  Sie verfolgen uns noch bis zum Auto, zeigen mir immer wieder begeistert ihren Luftballon und winken uns nach.

Unsere nächste Station ist eine Fachhochschule für Argrarwesen. Studenten, die hier lernen, können einen zweijährigen oder vierjährigen Abschluss machen, wobei letzterer  wohl mit unserem Bachelor vergleichbar ist. Das Studium hier ist sehr praxisorientiert und weniger wissenschaftlich.
Geplant ist hier ein Gespräch mit dem Direktor. Wir warten eine Dreiviertelstunde auf ihn. Da Alpensolar nach förderungswürdigen Projekten Ausschau hält, läuft das Gespräch mit ihm hauptsächlich über Daniel.
Um gleich noch zu zeigen, worum es in der Praxis gehen könnte, ziehen wir dann noch mal los, um uns eine stillgelegte Tierklinik anzuschauen.
Es ist immer wieder interessant, welche Art von Gebäude solche Namen wie „Tierklink“ tragen. Es handelte sich um eine Art offenen Stall, dem man ansah, dass er lange keine Tiere mehr gesehen hat.

Zurück zu den Autos, es geht heimwärts. Kurz nach 16 Uhr sind wir wieder im guesthouse.
Wir haben nun noch ein bisschen Zeit bis zur Gebetsstunde. Genau gesagt fast 2 Stunden. In der Zeit können wir bereits gut das Abendessen vorbereiten.

Also wir hatten es eigentlich so verstanden, dass die Gebetsstunde um 18 Uhr beginnt. Als gute pünktliche Deutsche war ich darauf eingestellt, um 17.45 h in den Startlöchern zu stehen, um abzufahren. Das war dann aber ungefähr die Zeit, in der ein Händler in Sachen Holzschnitzereien und Batiktüchern auftauchte. Er baute seinen Laden im Vorgarten der Seydous vor uns auf und pries seine Waren an. Mit Reiner wurde er dann auch ziemlich schnell handelseinig, mit dem Rest von uns hatte er eher Mühe. Was sollte ich auch mit einem weiteren Stapel von Tüchern oder dem 10. Elefanten? Stellsachen nennt man das bei uns. Wenn aber bereits alles vollgestellt ist? Und verschenken? Hab ich versucht. Doch Wert haben diese Besonderheiten nur für den, der „da“ gewesen ist und einen Bezug zu dieser Art von Kunst hat...

18.05 h: Die Gebetsstunde fällt anscheinend aus. :-) 
18.07 h: Renate ruft Yakouba an und fragt, wo er bleibt. Er sei auf dem Weg, gleich da.
18.08h: Es geht los, Yakouba ist da.
18.10 h: Wir sind „da“: Das „Gemeindehaus“  hat ein Strohdach, unter dem eifrig drei Ventilatoren drehen; aber mehr als ein Dach gibt es nicht. Es ist zu allen Seiten offen. In einem Kreis sind Stühle und Bänke aufgestellt, der erste Eindruck vermittelt, dass es eine Frauen- und eine Männerseite gibt. Also irgendwie hat sich das wohl so ergeben. Sicherheitshalber setze ich mich zu den Frauen – man kann ja nie wissen. Die Frauen sind alle wunderschön bunt gekleidet, mit hübschen Tüchern um den Kopf, fast alle haben ein bis zwei kleine Kinder dabei, die im Laufe der Zeit immer mehr in der Mitte zwischen den Erwachsenen spielen, sich in den Haaren ziehen, ein bisschen tanzen, sich schupsen, – alles was kleine Kinder eben machen. Die Erwachsenen  scheint das nicht sonderlich zu stören.
Der andere Halbkreis wird von Männern bevölkert, die meisten haben einen Turban auf dem Kopf. Es sind die Wodaabe.
Als wir ankommen, singen die Frauen. Später merken wir, dass eigentlich jedes mal, wenn gesungen wird, eher die Frauen singen. Die Männer sind sehr zurückhaltend.
Der Gebetsabend verläuft in etwa so: Gesang, Begrüßung, Gebetsanliegen sammeln (auch für Kranke u.ä.), dann für die genannten Dinge beten – und zwar alle auf einmal und jeder in seiner eigenen Sprache.
Das kenne ich auch schon aus anderen afrikanischen Ländern, habe es allerdings noch nie so unaufgeregt und still erlebt. Die Leute murmeln eher, so dass sie möglichst nicht ihren Nachbarn stören. Es gibt mehrere Gebetsrunden, jeweils mit anderen Anliegen. Dazwischen liest Yakouba ein Wort aus Rö 5,3.
Aufgrund von "Gruppendruck" haben auch wir Deutschen alle eine Bibel dabei, damit wir nach guter afrikanischer Sitte mitlesen können und nicht dumm auffallen.
Beim Lesen stelle ich dann aber fest, dass die anwesenden Wodaabe anscheinend gar nicht alle lesen können und deshalb dann auch keine Bibel dabei haben.

Das sind schon ein paar echt andere Eindrücke als das, was wir aus Sambia kennen!

Wieder „zu Hause“: Abendessen. „Sebastian und Jonas, esst noch was!“
Dann geht es irgendwann in ein Abendgespräch mit Yakouba über, in dem er auch nochmal wieder eine Römerstelle liest: Römer 12, ab Vers 3.
Zum Thema macht er das Gleichsein vor Gott und erzählt dabei einige seiner Erfahrungen mit der Veränderung, die Menschen erleben, wenn sie sich zu Jesus bekehren.

Ja, und dann muss natürlich auch mal Schluss sein. Ein fröhlicher Ausklang mit den üblichen Frotzleien in der Gruppe (Achtung, Reiner, wenn du in deine Unterkunft gehst, dass nicht aus Versehen Max...-das ist der Wachhund – oder nicht, dass es nachher heißt: Reiner hat den Wettlauf gegen die Schildkröte verloren!)

Morgen ist ein neuer Tag!

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