Samstag, 10. November 2012

Sarando

Als ich um 7.30 h aus meinem Zimmer komme, steht dort bereits Jonas, Sebastian erscheint ebenfalls. Sie sind tatsächlich wild entschlossen, mit einigen Jugendlichen von hier bei jetzt bereits 30 Grad Fußball spielen zu gehen!
Zusammen mit Renate bereite ich inzwischen das Frühstück vor, backe noch Brötchen - um 9 Uhr sind die beiden zurück, völlig geschafft. Wir setzen uns zum Frühstück hin - da kommt Daniel hereingeschlurft. Er ist reichlich grün um die Nase und sieht nicht gut aus. Er sagt dann auch etwas von Bauchkrämpfen und den üblichen Reaktionen des Magen-Darm-Traktes...Oh weia.  Vielleicht hat Renate als Krankenschwester ein Mittel. Sie und Yakouba sind im Moment nicht da, haben ein Meeting von 9 - 10 Uhr. Wir müssen abwarten.
Ja, sie hat ein Mittel. Sebastian und Jonas, die sich mit Daniel ein Bad teilen,  beantragen das Mitnutzungsrecht für "meine" Toilette - genehmigt :-)
Doch nun geht´s auf nach Sarando. Daniel bleibt hier, will schlafen.
So können auch Levi und Sarah noch mitkommen. Die beiden Kinder und ein weiterer Mitarbeiter von HIS nehmen hinten auf dem Pickup Platz. Der HIS-Mitarbeiter will in Sarando fischen gehen, Levi auch.

Los geht´s pünktlich nach afrikanischer Zeit um 10 Uhr (10.41 Uhr MEZ :-)).  Die Richtung ist die Gegenrichtung zu Kollo, wohin unsere bisherigen Touren gingen. Wir müssen über eine der Brücken, die über den Nil führen.
Es gibt hier zwei Brücken: Die traditionelle, die es schon immer gab und die neue, seit kurzer Zeit erst von den Chinesen erbaut wurde.
Die traditionelle Brücke wird mehr befahren als die von den Chinesen erbaute, erklärt uns Yakouba. Das bekommen wir dann auch zu spüren, denn hier fahren wir auch lang. Stau! Auf der linken Fahrspur ist ein breiter Lastwagen liegengeblieben. Jetzt fädeln sich immer wieder Autos von der linken Fahrspur auf die rechte, entgegenkommende, um an dem dicken Pott vorbeizukommen. Dann staut sich natürlich der rechte Fahrtstreifen.
Aber für uns ist das ganz interessant. Denn das gesamte Brückengelände hängt voll von Klamotten, die in der Sonne trocknen sollen! Unten im Fluss wird eifrig gewaschen.

Yakouba sagt, das sei das Waschcenter von Niamey. Die Leute geben hier ihre Wäsche ab, die wird dann hier gewaschen und auf dem Brückengelände getrocknet. Jonas will nicht nur aus dem Auto Fotos machen, sondern mal raus - wir stehen sowieso. Yakouba kann gerade noch bemerken, dass er dann aber gucken muss, wenn der Verkehr weitergeht, er würde dann fahren und Jonas müsste zusehen, wie er schnell ins Auto kommt.

Da macht Jonas auch schon die rechte Seitentür auf, es gibt einen Knall, und die Tür ballert gegen einen Motorradfahrer, der gerade versucht hat, sich rechts an unserem Pickup vorbei zu fädeln. Jonas entschuldigt sich sofort, der Fahrer sitzt etwas benommen auf seinem Motorrad - zum Glück wirklich nur vor Schrecken. Passiert ist nichts. Auf Yakoubas Nachfrage schmeißt der Motorradfahrer auch schon wieder den Motor an, winkt ab und fährt weiter.
Jonas ist erstmal kuriert und steigt wieder ins Auto. Es geht auch gerade weiter.
Er muss sich die nächsten Kilometer noch ein paar Frotzeleien gefallen lassen wie: "Oh, guck mal, da vorne sind ein paar Mopedfahrer, die könnte man etwas ausbremsen - und - jetzt - Tür auf!"
Natürlich nicht. Aber so ist das Leben...

Die erste Station, die wir anfahren und die quasi am Weg liegt, ist eins der Projekte von HIS: Ein nicht sehr großes Gelände, auf dem es zur Zeit eine Wohnhütte gibt, die von einer Familie bewohnt wird, dann ein Container, von Deutschen als Werkstatt eingerichtet und ein festes Gemeindehaus, eine Kirche, die gegen das Gemeindezentrum in Niamey direkt großzügig wirkt. Das Haus hat ein festes Dach, mit Mauern umgeben, und sogar ein eingebautes Taufbecken! Aber das wird zur Zeit noch nicht genutzt, im Moment finden die anfallenden Taufen im nahen Niger statt.
Ihnen fehlen noch Sitzplätze, Stühle. Zur Zeit gibt es ein Sammelsurium an Stühlen, und wenn nicht nur 15  Leute kommen, sondern vielleicht 20 oder mehr, muss der nahe Hausbesitzer seine eigenen Stühle mitbringen.
In der Ecke stehen drei mechanische Nähmaschinen. Hier werden Frauen im Nähen unterrichtet.
Strom gibt es  hier nicht, allerdings eine Wasserpumpe, die die Trinkwasserversorgung gewährleistet.
Hinter der Kirche ist ein betoniertes Volleyballfeld.
Der Plan ist, dieses Gelände mit Wohncontainern für Bibelschüler auszustatten, die hier wohnen und projektartig auf dem Gelände arbeiten können.
Die Bibelschule selber liegt 1 km weiter im Busch.
Dorthin fahren wir jetzt. Zu Fuß wäre vielleicht rückenschonender gewesen  :-)
Da das Auto fourwheeled ist, kommen wir da irgendwie durch die Büsche und landen dann in einem großen Gelände, das die Gemeinde anscheinend für Feste etc. nutzt. Es gibt ein paar Kinderspielgeräte (z.B. die auch bei uns allseits beliebte Seilbahn), eine Torwand aus Autoreifen, ein Ballfeld.
Dann einen schönen überdachten Platz, an dem wir dann später auch sitzen; dieser Platz wird für Seminare und Schulungen genutzt.
Yakouba führt uns weiter in das Gelände hinein. Verschiedene kleine Argrarprojekte sind hier angelaufen. In kleinen Feldern werden z.B. Zwiebelpflanzen oder Salatpflanzen gezüchtet. Einige Tiere wie Kühe und Ziegen gibt es, ebenso Hühner. Ein großer offener Container dient als Teich für Fischzüchtung (Tilapia, sagt Yakuoba).
Das Projekt ist beeindruckend. Auf diesem Gelände sollen die Bibelschüler zum einen zu Evangelisten und Pastoren ausgebildet werden, aber auch gleichzeitig mit dem Anbau von verschiedenen Produkten vertraut werden.

Unser Fußmarsch führt uns hinunter zum Niger. Levi und der Mitarbeiter von HIS haben sich bereits angelfertig gemacht. Sarah geht mit uns zusammen weiter. Wir kommen in ein Dorf. Es hätte ca. 2000 Einwohner, sagt Yakuoba.


Wir erleben einen interessanten Dorfbesuch. Viele Hütten in Sarando sind durch die Überschwemmung zerstört, man beginnt hier und da mit dem Wiederaufbau. Je tiefer wir in das Dorf hineinkommen, desto mehr Kinder heften sich an unsere Fersen. In einer Hütte wird uns ein Mädchen gezeigt. Es ist von einer Schlange gebissen worden. Das Gift hat einen Teil von ihrem Fuß förmlich weggefressen, es sind nicht besonders gut aus.
Ich habe keine Ahnung, auf welche Weise diesem Mädchen geholfen wird oder ob der Körper sich selbst helfen muss. Da müsste dringend etwas Entzündungshemmendes drauf!

Einer der Kinder, ein Junge, hat ein Fotohandy, mit dem er uns pausenlos fotografiert. Ich denke, er ist sehr stolz darauf und will zeigen, dass er so ein Ding besitzt. Kann mir nicht vorstellen, dass er die Fotos anders als auf seinem Handy anschauen kann. Wo sollte es hier einen PC geben?

An einer Lehmhütte ist oben eine Solarzelle angebracht. Yakouba grinst: "For business."
Als wir die Zeltplane vor dem Eingang zurückschlagen, wissen wir, was er meint. Die Solarzelle speist eine Batterie, und an die widerrum ist eine selbstgebaute Ladestation für vielleicht 20 Handys auf einmal angeschlossen. Hier kann man für etwas Geld sein Handy aufladen lassen!



Denn ansonsten gibt es in diesem Dorf keinen Strom.  Das ist Afrika: Die Hirse wird per Hand verlesen und gesiebt, doch Handys müssen sein, und man findet sogar eine Lösung, um sie benutzen zu können!

Wir haben viel gesehen. Es ist mittlerweile heiß, die Mittagssonne brennt. Wir ziehen uns in den überdachten "Seminarraum" zurück - Schatten! Wir holen uns unsere Wasserflaschen aus der Kühltasche - Fragestunde. Yakouba erzählt uns die geplanten Ideen für dieses Gelände. Das Dorf hat eigentlich nichts damit zu tun. aber sie sind freundschaftlich verbunden, und natürlich möchte Yakuoba hier auch gerne Menschen für den Glauben gewinnen.

Levi kommt. Er hält einen kleinen Fisch zwischen den Fingern und hält ihn stolz hoch. Yakouba fragt: "Is he still alive?" Ja, Levi meint es. Da weist ihn sein Vater an, den Fisch in die Fischzüchtungsbox hineinzuwerfen, er darf noch wachsen.
Dann erzählt er uns eine nette Geschichte von Levi, als er noch kleiner war. Levi hatte von irgendwo einen Fisch bekommen oder gefangen, den er dann den ganzen Tag herumtrug, weil er ihn mit nach Hause nehmen wollte. Seine Eltern sagten immer wieder, dass der Fisch tot sei und er ihn weg tun soll, er stinkt bereits. Doch Levi antwortete nur: "Er lebt noch. Er hat ja die Augen offen!"

Gegen 14 Uhr setzen wir uns wieder ins Auto und fahren zurück.

Unser guter Engel Renate ist bereits dabei, ein Essen zu machen. Ja, und wenn es dann fertig ist, essen auch fast alle, obwohl sie erst meinten, dass wir das nicht brauchen.
Ich bin hier ständig satt, was sicher auch an der Wärme liegt.

Für heute ist kein weiteres Programm geplant. Glaube ich jedenfalls :-)

Die Fußballspieler sind platt, der Marsch durchs Dorf hat ihnen den Rest gegeben - Siesta! Reiner findet, dass das eine gute Idee ist - Siesta! Daniel sieht zwar ein bisschen besser aus, fühlt sich aber noch für keine Unternehmung in der Lage - Siesta!
Sabine: Schreibt Tagebuch :-)

Der Rest des Tages vergeht mit Listen schreiben (für den Zoll, denn für das Ausführen von Holztieren und anderen Dingen aus Holz muss Zoll bezahlt werden!),  Tanja rechnet später noch die Benzinkosten aus, die die Autos hatten, und legt sie auf uns um.
Heute wird außerdem gegrillt, unser letzter voller Abend sozusagen.
Jonas regelt die Sache mit dem Grill, ständig den massiven Attacken durch die Heuschreckenplage ausgesetzt. Levi hat seinen Spaß an den Heuschrecken. eR fängt welche und versucht sie zu grillen. Wenn das gelingt, knabbert er sie weg und meint, dass sie echt gut wären...

Abendessen: Daniel ist wieder mit dabei und hat Hunger - ein gutes Zeichen! Und er isst auch mit. Wir wünschen ihm von Herzen, dass das gut geht!

Hab ich schon den Wohnzimmerfußball erwähnt? Der neuste Sport einiger unserer Gruppe: Die Männer spielen mit den Kids im großen Wohnbereich Fußball! Da kannst du nur noch deinen laptop und dein Wasserglas retten!

Und die allgemeine Mediensucht? Besonders das Autorennen auf den iPads ist so beliebt geworden, dass auch Yacouba nach diesem Spiel fragt und es auf sein Pad bekommt - für die Kinder natürlich :-)

Der Abend wird noch recht lang, soviel muss bedacht werden, denn morgen wird nicht mehr so sehr viel Zeit sein, bis zur Abreise noch Vorbereitungen zu treffen....





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