Auf mehrfache Nachfrage nutze ich die Gelegenheit, aus unserem Quartier in Bethlehem den ersten Post meines Reisetagebuches zu veröffentlichen.
Wüstentag Nr. 3: Heute bin ich eher wach, aber bloß, weil
mein Bläschen drückt. Und es ist einfach noch zu frisch draußen, als dass die Vorstellung,
aufs Klo zu gehen besonders verlockend sein könnte. Na, irgendwann geht´s dann
nicht mehr anders. Im Lager herrscht bereits Leben kurz vor sieben...
31.12.2012
5.30 h: Der Wecker klingelt. Ich war schon 2 Minuten vorher
wach. Gut, dass es losgeht, denn wie immer vor solchen Aktionen hab ich nicht
besonders geschlafen J
Letzte Handgriffe in der Wohnung, damit Marcus und Miriam,
die die Wohnung 2 Wochen nutzen werden, nicht total von unserem Chaos
erschlagen werde – dann geht es um 6.15 h los. Hanna kommt mit zum Düsseldorfer
Flughafen, um das Auto wieder mit zurück zu nehmen. Am Flughafen geht alles
erstaunlich schnell.
Die übliche Kofferkontrolle fällt irgendwie aus, auch die
übliche Befragung vor einer Israelreise. Das lief im letzten Jahr mit der
Gruppe aber noch ganz anders...
Egal, wir sitzen dann ziemlich schnell im Abflugbereich und
haben nun noch jede Menge Zeit.
Im Flugzeug: Man lernt nie aus, und besonders interessant sind
doch immer wieder unsere Mitmenschen! In unsere Dreierreihe kommt noch eine gut vollschlanke Fünfzigerin,
um sich auf den Fensterplatz zu zwängen – neben mich.
Sie hat irgendwie einen spanischen Akzent, spricht auch eher
englisch als deutsch. Als das Flugzeug startet, bekreuzigt sie sich neben mir,
faltet die Hände und murmelt ein Gebet...
Wenn das alles gewesen wäre, wäre eine Erwähnung nicht der Rede wert. Doch die Geschichte nimmt ihren Fortgang. Wir sind kaum n der Luft,
wird, wie immer, ein Snack angekündigt. Das Sandwich sei umsonst (for free),
ein Menü müsse gezahlt werden. (Billigflieger!) Alles gut. Die Crew beginnt mit
ihrer Arbeit. Als die Wagen bereits in den Gängen feststecken, möchte unsere
Spanierin aufs Klo. Dazu müssen Ekkehart und ich aufstehen. Wir stehen kaum, da wird
deutlich, dass sie dort nicht mehr hin kommt- die Mahlzeitenausgabe ist bereits
in Gange. Okay, dann wieder hinsetzen; es gibt Wasser und Säfte, alkoholische Getränke kosten extra. Unsere Freundin nebenan
bestellt erstmal zwei Gläser Sekt – man gönnt sich ja sonst nichts! Sandwich
for free? Ja, gerne. Aber dann bitte
auch noch ein Menü, das Frühstücksomelett für 6,50 €.
Also, das Sandwich ist schon ziemlich kompakt: Ein
Vollkornbeagel mit Käse. Macht gut satt! Aber – frau kriegt auch noch mehr
rein...mit zwei zusätzlichen Gläsern Sekt, und dann nochmal zwei, bitte. Hui,
das wären dann schon 6 Gläser Sekt! Einige Zeit später – eine Ladung hat sie schon zur Toilette gebracht – nochmal zwei Gläser Sekt. Sind jetzt 8! Beim
Bezahlen kriegen wir mit, dass der Sekt frei ist – nur für sie
speziell? Sie zahlt nur nämlich ihre 6,5o €, spendiert aber zusätzlich 20€ für die Crew! Aha,
wer sitzt da eigentlich neben uns? Oder: War das Bestechung?
Werden wir sicher nicht unbedingt herausfinden...
Die Geschichte nimmt ihren Fortgang. In schneller Abfolge
kippt die Lady sage und schreibe weitere 5 Gläser Sekt hinterher. Erstaunlich,
dass sie den immer wieder bekommt, denn es kann doch nicht unbemerkt bleiben,
dass sie sich gerade sinnlos betrinkt! Bei den letzten zwei Gläsern nimmt
Ekkehart den Flugbegleiter diskret beiseite, um darauf hinzuweisen, dass es
keine gute Idee sei, unserer Lady ein Glas Sekt, und meist im Doppelpack, nach
dem anderen zu servieren, man sieht doch, wohin das führt. Doch dieser meint
nur mit einem Blick auf sie, das würde man während der Bedienung nicht so
mitkriegen... Wer´s glaubt! Sie hat trotz ihrer Volltrunkenheit dieses kleine
Gespräch mitgeschnitten oder erspürt – jedenfalls fühlt sie sich gemüßigt, mir
erst mal lang und breit zu erklären, dass sie keine Alkoholikerin sei, sondern
lediglich panische Angst vor dem Fliegen hätte. Sie ist übrigens kaum in der
Lage, richtig zu sprechen, das klappt nicht mehr so gut. Ich habe erwidert,
dass es gegen Flugangst ja auch Medikamente gäbe, doch darauf ging sie nicht
ein.
Tja, was soll ich sagen! Das letzte randvolle Glas ließ sie
dann stehen, weil sie nicht mehr in der Lage war, es zum Mund zu führen.
Bereits ziemlich distanzlos und ohne Gefühl für mich fuhrwerkte sie dann auf
ihrem Sitz herum, bis sie mit einigen Zuckungen plötzlich einschlief – das
randvolle Glas immer noch vor sich hin. Wir sahen das Glas schon kippen und sich auf meinen Rock ergießen, und es grenzte
an ein Wunder, dass das nicht geschah. Als sie wieder aufwacht bzw. sich etwas heftiger rührt, kann Ekkehart
das Glas gerade noch auffangen, nimmt es ihr weg und bringt es der Crew mit dem Hinweis auf
den Zustand der Lady. Die Crew scheint das immer noch nicht besonders ernst zu
nehmen. Man nimmt ja niemanden mit an Bord, der betrunken ist, aber an Bord
darf man sich sinnlos betrinken!?
Nach der Landung in Tel Aviv bleibt sie sitzen – sie konnte
auch gar nicht aufstehen. Wir haben das Flugzeug verlassen, ohne nochmal
zurückzusehen, weil wir irgendwie keinen Bock hatten, womöglich auch noch
vollgekotzt zu werden...
Wie sie die da rausgekriegt haben, wissen wir nicht. Sollen
ihre Suppe doch auslöffeln, die sie sich mit dem maßlosen Verteilen von Sekt „free“
eingebrockt haben...
Tel Aviv: Wir holen unseren Mietwagen, dann hinaus an die
israelische Sonne! Wärme! Es ist der 31.12., es ist Silvester, und es ist
warm!!!!
Jetzt fahren wir durch´s Land Richtung Wüste, mit leerem
Magen, aber richtig glücklich. Beer She´eba ist das nächste Ziel. Dort kaufen
wir ein, um dann noch unser Camp zu erreichen...
Es wird schnell dunkel, allerdings etwas später als zu
Hause. Die Landschaft eitd wüstenhaft schön, felsig. Wir passieren bekannte
Orte, die Ben Gurion-Stätten – endlich sind wir in Mizpe Ramon. Jetzt beginnt
der spannende Moment, wie und ob wir das Camp vorfinden, ob wir da übernachten
können...
Die Strecke dorthin ist länger als wir es in Erinnerung
haben. Besonders die letzte Strecke, die eigentlich nur noch 5 km sind und
ohne Asphaltstraße, ist dann nur noch mit 30 km/h zu befahren und dauert
entsprechend lange.
Gegen 19 Uhr haben wir unser Ziel erreicht. Der erste
Eindruck: Zum einen ist es stockfinster, zum anderen wimmelt es hier von
Jugendlichen. Ein riesiger Lastwagen steht vor einem großen Zelt, es ist ein
Verpflegungsfahrzeug, wie wir später sehen. Und dann noch ein, zwei Busse. Wir
werden von einem Camp-Mitarbeiter angesprochen. Ja, wir wollen hier bleiben. Er
stellt uns in Aussicht, dass die Jugendlichen heute noch abziehen und es dann
leiser wird J
Wir haben doch gar nicht gemeckert!
Er weist uns eine Zelteinheit zu, stellt uns Matratzen –
alles andere haben wir mit. Essen gibt es hier nicht im Campground. Und er ist
erleichtert zu hören, dass wir unser Essen dabei haben.
Wir richten uns ein, dann wird getafelt: Fladenbrot, Hommos,
Käse, schwarze Oliven, Wein.... was braucht der Mensch mehr!?
Es wird deutlich kühler, seit die Sonne weg ist. Doch unsere
Schlafsäcke halten das alles aus, und diese erste Nacht unter Wüstenhimmel ist
idyllisch, auch wenn wir nicht
durchschlafen. Es ist einfach nur schön!
1.1.2013
Mazel tov! Neujahr! Wir haben es verschlafen. Na und? Wir
sind in der Wüste, und die Sonne holt uns aus den Schlafsäcken.
Der erste Sabbattag beginnt mit einem israelischen
Frühstück. Nur der Kaffee fehlt. Da müssen wir noch dran arbeiten.
Lesen, chillen, Hörbibel...
Auch so kann ein Tag vergehen J
Wetter: Tagsüber wird es schön warm, besonders in der Sonne,
nachts geht es gut runter mit der Temperatur...
Wir ernähren uns immer noch von unserem ersten Einkauf.
Alles gut, bis wir zu unserem Abendessen kommen. Wir hatten im
Campground-Kühlschrank Hommos und Käse eingelagert. Wo ist die Tüte? Weg!
Geklaut? Uns war schon in der vorigen Nacht eine Wasserflasche gemopst worden,
die wir vor unserem Zelteingang stehen ließen...und jetzt das?
O schade, hatte mich auf das leckere Sesam-Mus gefreut...
Auf Nachfragen an der „Rezeption“ (das kann man kaum so
nennen, deshalb die Anführungszeichen) wird mir erklärt, dass es sein könnte,
dass das Essen mit den Resten der Gruppe, die vor uns war, aus Versehen
entsorgt worden sein könnte... Ne, nä?
Okay, vertrösten wir uns auf morgen, dann fahren wir nach
Mizpeh Ramon, um nachzurüsten... Das Abendessen fällt noch gut aus, zum
Frühstück bleibt nicht mehr viel.
Ein Phänomen: Da es ja auch irgendwie schnell dunkel wird,
kann man nicht mehr viel machen. Hörbibel ist da grad das Richtige, doch um 21
Uhr (!) kriechen wir beide bereits in unsere Schlafsäcke. Es wird kalt, da kann
man nur noch im Schlafsack weiter existieren...
Ich glaube, ne halbe Stunde später bin ich eingeschlafen J
02.01.2013
Die Morgensonne kitzelt die Nase – aufwachen! Das ist schön:
Die Sonne geht direkt vor unserem Zelteingang auf, und sofort ist auch ein
bisschen Wärme da. Wenn man hier duschen will, muss man vorher Bescheid sagen,
dann wird das Wasser angeheizt. Heute wollen wir. Zu meiner Überraschung ist
das Wasser dann auch richtig schön heiß – wunderbar! Und nachher fühlt man sich
so schön frisch J
Nach unserem kargen Frühstück mit trocken Brot und Wasser
(und für mich noch ein kleines Beefi) machen wir uns fertig für unseren
Shopping Trip nach Mizpeh Ramon. Das ist nicht ganz unaufwendig, denn der Trip
durch die Wüste ist zwar nicht sehr lang (ca. 5 km), aber dafür holperig und
nur langsam zu bewältigen. Doch heute können wir die Gegend so richtig genießen,
denn bei der Ankunft war es ja dunkel. Auch den „Aufstieg“ über die dann
asphaltierte straß genießen wir sehr, und sind dann auch bald da.
In Mizpeh R. finden wir nach einigem Rumfahren dann einen
Supermarkt und decken uns hier ein. (Später im Camp merken wir dann, dass wir
den Käse wohl an der Kasse liegen gelassen haben...Wir sollen wohl keinen Käse
essen!!! Erst ist er geklaut, und jetzt nicht mitgekommen...)
Dann sehen wir da so eine kleine „Restaurantmeile“, also das
ist eigentlich auch noch übertrieben. Vier kleine Imbisse nebeneinander, davon
gibt´s in dem einen Kaffee. Also, danach
ist mir jetzt wirklich!
Und als wir davor sitzen, stelle ich via iPhone fest, dass
eines der Imbisse freies WLAN hat. Also nichts wie ran und mal gucken, was die Welt
macht!
Ekkehart holt seinen Laptop aus dem Auto und sichtet einige
Mails, unter anderem auch deswegen, weil wir noch auf die Antwort der Shawans
in Bethlehem warten, ob wir uns mal treffen können. Ja, die Antwort ist da, und
das Treffen kann stattfinden!
Ja, und ein kleiner Post auf FB muss natürlich auch sein J Unsere kleine Welt in
Germany soll wissen, dass es uns gut geht!
Anschließend genießen wir noch die Sonne und den Blick auf
den Krater, in dem wir derzeit leben. Hier haben wir vor eineinhalb Jahren mit
der Reisegruppe gestanden! Aber heute unter anderen Witterungsbedingungen.
Damals war es so heiß, dass die meisten Schatten suchten und den interessanten
Ausführungen unseres Reiseführers nicht lauschen konnten J.
Zurück im Campground wird erst mal fürstlich getafelt J Und dann wieder weiter
in unserem „Sabbatprogramm“ mit Stille, lesen – nach dem Tagebuchschreiben J
Wenn man hinter unserem Zelt auf den Hügel steigt, sieht man
am Horizont die Sonne versinken. Das gönnen wir uns heute – schön! Danach gibt´s
unser Abendessen – und weiter geht´s mit Hörbibel und lesen...
Neben uns (hier wird ein Raum vom anderen ja nur mit einer
Plane abgehängt) ist ein französisches Pärchen eingezogen. Meine Güte, die
haben Spaß miteinander! Sie kommen zur Schlafensgehenszeit vor lauter Gekicher
nicht zur Ruhe...
3.1.2013
Na, dann wollen wir auch mal...
Da aber bereits beim Frühstück schon wieder der
Schaufelbagger in vollem Gange ist, packen wir unsere Siebensachen und fahren
weiter in die Wüste hinein, um ein ruhiges Plätzchen zu finden.
Die Wüste hat was, das muss man wirklich sagen!
Wir haben unsere Decken mit und platzieren uns irgendwo in
die Landschaft hinein, um zu lesen und zu meditieren. Hier ist es – bis auf die
ständigen Militärflugzeuge, die über den Krater hinwegdonnern, relativ ruhig.
Am späten Mittag kommen wir zwecks Essen zurück. Da ist es
auch im Camp ruhig geworden – bis eine Horde der Kinder Israels einfällt, um
eine kurze Rast zu machen und aufs Klo zu gehen. Aber auch das geht vorbei.
Den Rest des Tages ist es sehr still. Wir sind zur Zeit die
einzigen Gäste und genießen das gerade mal... J
Erst gegen vorgerückten Nachmittag erscheint ein Waldschrat
mit seinem Hund. Luca heißt er. Man hat ja schon ne Menge Hunde und ihre
Herrchen beobachten können; aber dieser ist einer von der ungehorsamen Sorte.
Ob sein Herrchen was sagt oder „hopp!“ – ist doch egal! Luca latscht erst mal
überall ungestraft rum. Doch als er in unser Zelt spaziert, sag ich ihm
deutlich im entsprechenden Ton, was ich davon halte. Man merkt, dass er kein
Gehorsam gewohnt ist, aber er hat Schiss, und deshalb trollt er sich dann mit
eingezogenem Schweif...
Sein Herrchen ist ebenfalls etwas distanzlos, stellt erst mal
die Hundefutterschale auf unserem Tisch ab, an dem wir gerade unser Abendessen
aufbauen...
Nach dem Essen setzen wir uns in die gemütliche Ecke mit den
Sitzmöbeln. Ekkehart hört Hörbibel, ich lese den „Tiefgänger“. Doch unser neuer
Zeltnachbar (er campiert übrigens direkt neben uns, nur durch eine Plane getrennt),
hat sich ebenfalls hier niedergelassen und entertaint das Camp-Personal. Eine
Zeitlang kann man das ausblende, aber er spricht und spricht und spricht,
wirklich dauerhaft. Irgendwann bin ich von dieser Dauerbeschallung so erschöpft,
dass ich todmüde bin. Es ist erst kurz nach19.00 h, aber es ist ja Sabbatzeit.
Wer diktiert mir also, wann ich ins Bett gehen darf?
4.1.2013
Ich muss ziemlich schnell eingeschlafen sein. Und ich bin
nachts auch nicht öfter wach geworden als sonst. Meine Wachphasen wurden dann
noch etwas durch das doch recht unüberhörbare Schnarchen unseres
„Zimmernachbarn“ ausgedehnt. Fein, das muss man mal erlebt haben...
Gegen 5.30 h werde ich wach, weil Ekkehart zur Toilette
gehen will. Dazu muss man sich hier komplett anziehen, es ist einfach viel zu
kalt, wenn man aus dem Schlafsack kriecht. Er geht also, im gleichen Augenblick
höre ich, wie unser Nachbar auch mal muss, denn er geht auch, hinter Ekkehart
her, ich höre ihre Stimmen...ja, und dann fängt Luca an zu heulen, weil sein
Herrchen weg ist. O nein, Hundegejaule! Wie schön ist das denn morgens um 5.30
h!
Danach döse ich nur noch.
Ekkehart erzählt mir kurz nach dem endgültigen Aufwachen, er
sei so gegen halb zehn zu unserem Schlafplatz gekommen. Da musste er mit
ansehen, wie Luca gerade einen Spaziergang durch unser Zelt machte,
tippel-tippel an uns vorbei („Ein Glück, dass du schon geschlafen hast!“)
verschwand hinter der nächsten Zeltwand, wo die vielen Matratzen aufgetürmt waren,
machte sich dort zu schaffen, reagierte gar nicht auf die Ruflaute seines
Herrchens, und irgendwann erschien er wieder, und zurück durch unser Zelt rüber
zu seinem Herrchen...
Ein Glück, wir gehen heute.
Nach dem Packen wollen wir zahlen. Doch die elektronische
Kasse macht Ärger, und so dauert der Vorgang etwas, bis sie sich entschließen
(sie wollen halt gerne von der Karte abbuchen und kein ausländisches Bargeld),
den Vorgang erst am Sonntag zu bearbeiten. – In der Hoffnung, dass das alles
schon okay ist, machen wir uns auf den Weg nach Bethlehem. Bis zu dem
Zeitpunkt, wo wir merken, dass wir Ekkeharts Handyladegerät m Zelt gelassen
haben. Zwei Kilometer zurück fahren hört sich nicht schlimm an, doch auf Straßen,
die man besser „Fourweeled“ fährt, etwas mühevoll. Ich hole das Ladegerät, dann
aber nun endgültig. Erst mal nach Mizpe Ramon, frühstücken. Wir finden das Café
NETO, das auch WLAN hat und uns den Code zur Verfügung stellt, frühstücken
fürstlich, wenn auch spät, und ahnen zu diesem Zeitpunkt noch nicht, dass
unsere nächste Mahlzeit heute wird auf sich warten lassen müssen...
Da wir nach unserer Bethlehemzeit wieder in die Wüste zurück
wollen, machen wir in Mizpeh R. noch einen Abstecher zu einem anderen Camp, von
dem Ekkehart die Adresse dabei hat. Das Ding ist echt freakig, Aussteigerszene.
Hat irgendwie was, ist aber auch ganz schön teuer für das, was es bietet. Ein junger Freak führt uns rum, der glatt aus
der Jesus-People-Bewegung entlaufen sein könnte. Er fragt, ob wir hier jetzt
einchecken möchten. Nein, wollen wir nicht, wir wollen heute noch nach Jerusalem,
vielleicht in ein paar Tagen. „Jerusalem?“ Er glaubt, es sei sein Glückstag und
nennt es ein „miracle“, denn da wolle er auch hin, ob wir ihn mitnehmen können.
Ja, warum nicht, wenn er meint, dass er in unserer kleinen Kiste und zwischen
unserem Gepäck Platz findet.
Er packt und findet Platz – wo ein Wille ist, ist auch ein
Weg J
Wir wählen den Weg auf der rechten Seite am Toten Meer
entlang. Als er das checkt, beginnt er mit einigen Endlostelefonaten zu klären,
ob er vielleicht lieber in En Gedi bleibt. Da er Ivrit spricht, kann man nur
ahnen, was er sagt. Unterwegs erklärt er uns, dass er wohl keinen festen
Wohnsitz hat, sich versucht mit Fotografieren Geld zu verdienen und im Camp seit
einer Woche gewesen ist um für die Betreiber Fotos zu machen. Nun wollte er
erst mal Richtung Jerusalem, aber das schien nur so ein grobe Richtung zu sein,
denn schließlich ließ er sich bei En Gedi raussetzen.
Von da an ging unsere Fahrt allein weiter, wir hielten noch
hier und da an schönen Stellen am Toten Meer, bis wir dann nach Jerusalem
hineinfuhren.
Ekkehart wollte erst mal wieder zum bekannten Panoramablick
und tauchte auf diesem Wege plötzlich in eine Straße rein, von der ich mir
sicher gewesen wäre, dass sie eine reine Fußgängerstraße ist. Ja, es ist die kleine Gasse, die wir im
August 2011 mit der Reisegruppe vom Aussichtspunkt nach unten in die City
gegangen sind. Auf meine erschreckte Nachfrage, was wir denn hier machen
würden, sagt Ekkehart nur: “Hier wollte ich schon immer mal mit dem Auto
hochfahren, weil ich gesehen habe, dass die Jerusalemer das machen.“ Und dann
noch nicht mal Einbahnstraße! Was macht man hier, wenn einer von vorne kommt?
Null Chance! Ich schwitze alles, was man so schwitzen kann plus Gebet...
Am letzten Hang kommen wir mit der kleinen Schüssel kaum
hoch, die Reifen drehen durch. Ekkehart freut sich J über meine
Angstbekundungen...
Dann sind wir oben
und genießen die Aussicht.
Jetzt aber auf Richtung Bethlehem!
Nach einigem Zögern entschließen wir uns, den Mietwagen in
einer Seitenstraße zu parken und dann rüber zur „border“ zu gehen. Ekkehart
sucht seine Papiere zusammen. Upps, wo ist der Paß?
Es folgt eine gefühlte
halbe Stunde Suchen. Erfolglos. Wo könnte er sein?
Eine Möglichkeit wäre – da hatte er ihn das letzte Mal in
der Hand – dass er in Tel Aviv am Airport bei HERTZ liegt. Und wenn nicht? Es bleiben uns nicht viele
Möglichkeiten, und so fangen wir mit der einfachsten an. Wir suchen im Plan die
nächste HERTZ-Station in Jerusalem und steuern sie an. Vielleicht können die
uns weiterhelfen und einen Kontakt mit dem Flughafen-HERTZ vermitteln, um
nachzufragen. Auf dem Weg zurück in die Old City erwähne ich beiläufig, dass ja
jetzt gleich Sabbateröffnung ist. Wie, Sabbat? Ist heute Freitag? Ekkehart
sieht seine Felle davon schwimmen, denn das würde bedeuten, dass HERTZ schon
geschlossen hat. Und tatsächlich: Es ist erst einige Minuten nach 16 Uhr, aber
die HERTZ-Niederlassung hat bereits geschlossen. Was nun? Ekkehart läuft
Richtung „King David“ – Hotel, dem renommiertesten Hotel am Platz (und
vergleichbar mit dem ATLAON in Berlin am Brandenburger Tor!). Was er da will?
Er hofft, dass die uns helfen können. Das Auto lassen wir bei HERTZ stehen.
Der Mann an der Rezeption ist hilfsbereit und stellt uns das
Telefon zur Verfügung. Es dauert ein bisschen,
bis Ekkehart sich durchgefragt hat und schließlich bei HERTZ am
Flughafen Ben Gurion/Tel Aviv landet. Er erklärt sein Anliegen. Der Mann an der
Rezeption versucht seine kleine Neugierde zu verbergen, aber er hört zu. J Es geht ein bisschen
hin und her, bis Ekkehart plötzlich sagt:“You have it?“ Halleluja! Sie haben
ihn! Auch der Angestellte feiert mit uns J
. Wir vereinbaren, dass wir jetzt noch am Flughafen vorbeikommen (einmal Tel
Aviv hin und zurück J
) und uns den Pass abholen. Wir wollen es trotz allem versuchen, heute noch
nach Bethlehem zu kommen. Es ist 16.30 h, als wir losfahren. Ne knappe Stunde
später sind wir da. Unterwegs haben wir dann noch überlegt, dass Ekkehart bei
der Gelegenheit auf die komischen Geräusche beim Bremsen zu sprechen kommen
will. Das fühlt sich nicht sehr sicher an. Vielleicht tauschen sie uns das
Auto, es ist eh nicht der Hit.
Und, was soll ich sagen, genauso geschieht es. Der Pass ist
da, das Auto getauscht und wir auf dem Rückweg nach Jerusalem bzw. nach
Bethlehem. Es ist Jetzt 18.00 Uhr.
Im Nachhinein fragen wir uns, ob das nicht alles so gelenkt
war. Wir sind nur aufgrund des Passes nach Tel Aviv zurück gefahren. Erst auf
dem Weg haben wir überlegt, ob es nicht sicherer wäre, bei dieser Gelegenheit das
Auto zu tauschen. Denn wir konnten das Geräusch nicht einschätzen. Es war nicht
wirklich dramatisch, doch auch nicht zu erklären. So haben wir nun einen etwas
besseren Wagen, er liegt sicherer auf der Straße und macht insgesamt einen
solideren Eindruck.
Also, würde mal sagen: Unser Herr hält seine Hand über uns!
Am „Eingang“ nach Bethlehem setzt Ekkehart mich samt Gepäck
ab und fährt ein Stück zurück, um irgendwo den Mietwagen abzustellen. Einige
Taxifahrer versuchen uns zu überreden, per Taxi nach Bethlehem hinein zu
fahren, doch wir wollen zu Fuß rein. Ja, und dann ist Ekkehart wieder da, wir
machen uns auf den Weg durch die Schleusen. Erstaunlich, wir werden nur durch
gewunken, niemand will unsere Pässe sehen, niemand kümmert sich um uns – und
plötzlich stehen wir in Betlehem. Ja, und auch hier wie immer: Eine Horde von
Taxifahrern will uns eine Fahrt aufdrücken. Nun bauchen wir ja auch eine zu
unserer Unterkunft, und da muss man sich dann für einen entscheiden. Jeder
kämpft bis zum Schluss um die Fahrgäste, nur einer kann den Zuschlag bekommen.
Einer gewinnt, er kann dann allerdings nicht mal englisch, die leichtesten
Wörter für Smalltalk sind ihm unbekannt. Hoffentlich hat er wenigstens unser
Ziel verstanden. Nein, hat er nicht. Wir landen or einem Youth Hostel, hier
fragt er erst noch mal. Die wissen bescheid, und so landen wir dann auch vor
dem Hostel „House of Peace“. Der Taxifahrer nimmt einen Wucherpreis, wir hatten
auf dem Platz zwar darüber gesprochen, aber das Taxameter zeigt deutlich
weniger an. Egal, für uns ist es immer noch billig. Wir sind da!
Ein nettes altes Ehepaar erwartet uns fröhlich, wir werden
zu einem Tee in ihr Wohnzimmer gebeten und stellen schnell fest, dass wir
Glaubensgeschwister sind. Sie wären so etwas zwischen Baptisten und Pfingstler J - wie wir, meint
Ekkehart. Und: Hier wird noch bis einschließlich zum 18. Januar (dann das
dritte Mal) Weihnachten gefeiert. Wie zum Beweis, knipst er erst mal den
Tannenbaum an, und dieser blinkt nun in allen Grundfarben fröhlich vor sich
hin...
Unser Zimmer liegt im 2. Stockwerk, wir scheinen im Moment
hier alleinige Gäste zu sein. Zu unserem Zimmer gehört ein Bad, und bis auf die
Unbeheizbarkeit ist es echt nostalgisch-nett. Kalt ist es leider auch in
Bethlehem.
Wir machen und dann gegen 20.15 h auf, um ein bisschen zu
bummeln und auch was essen zu gehen. Unser Quartier ist unweit der
Geburtskirche, und das ist dann auch erst mal unser Ziel. Ein riesiger
Tannenbaum steht auf dem Platz vor der Kirche, und auch hier: Über und über ist
nicht nur er, sondern auch die Straßen mit Weihnachtsbeleuchtung in allen
Farben ausgestattet. Viele Figuren wie erleuchtete Engel und andere
Weihnachtsfiguren überladen das Gesamtbild nur noch mehr. Das kann man
fototechnisch gar nicht richtig einfangen.
Erst ziehen wir uns eine Falaffel rein, dann finden wir noch
eine italienische Weinstube, wo wir uns dann auch noch mit einer Palette von
Vorspeisen abfüllen.
Eine Gruppe von Amerikanern, die wir schon draußen getroffen
haben, ist hier auch wieder. Sie scheinen im angeschlossenen Hotel zu wohnen.
Gegen 22 Uhr geht’s heim, es regnet!
Die erste Nacht in Bethlehem erwartet uns!
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