Jericho! Die älteste Stadt der Welt – so steht es am
Ortseingangsschild. Ob das stimmt – man weiß es nicht J
Die Nacht im Hotel war zum Regenerieren gut geeignet, heißes
Bad, heiße Dusche, aufwärmen, tolles Frühstücksbüfett – aber so kann es
natürlich nicht weiter gehen, dass würde total unseren Geldbeutel sprengen.
Deshalb hat Ekkehart gestern Abend noch im Internet recherchiert, was es hier
noch alles so gibt. Jericho ist nicht gesegnet mit Unterkünften, die Stadt hat
auch „nur“ 20 000 Einwohner... Wir hatten gestern bereits versucht, bei YMCA
und einem katholischen Schwesternheim eine Unterkunft zu bekommen, doch bei YMCA
war kein Paltz und die Katholischen hatten nur die Möglichkeit, uns zusammen
mit mehreren Leuten in den einzigen Raum zu legen, die sie haben. Och ne,
bisschen privat muss schon sein. Deshalb waren wir dann doch in dem einzigen
Hotel gelandet. Aber gefunden hat Ekkehart ein „Youthhostel“, das wir nun erst
mal gleich ansteuern. Es ist einfach überhaupt nicht ausgeschildert und hat
auch keine Internet-Adresse. Gefunden hat er diesen Tipp nur über jemanden, der
mal da gewesen ist...
Wir finden es nach der Beschreibung im Internet und
dreimaligem Nachfragen auf der Straße dann auch. Es ist wirklich in keiner
Weise von außen erkenntlich. Innen finden wir es dem Preisleistungsverhältnis
angemessen, (Zimmer mit drei Betten, von denen wir zwei benötigen J, Toilette und Dusche
auf dem Flur, mit anderen zusammen, aber wir sind grad die einzigen Gäste), sogar WiFi ist dabei J. Ja, für den Preis können wir
hier bis Freitag oder Samstag bleiben, dann soll das Wetter wieder besser sein.
Im Moment und für heute sind 100% Regenwahrscheinlichkeit angesagt.
Nachdem wir unser Gepäck in unser Zimmer gebracht haben,
machen wir erstmal einen Trip in die Innenstadt: Touristeninfo, um eine
Straßenkarte von Jericho zu bekommen und Infos über die Sightseeings zu
erhalten, dann bisschen Shopping, denn meine flachen Schuhe sind für die
Matsche draußen total ungeeignet; hatte einfach nicht mit soviel Modder
gerechnet J
Wir finden ein Paar halbhohe flache Stiefelletten für wenig Geld. Jetzt hab ich endlich warme
und trockene Füße J
Bis mittags bummeln wir noch ein bisschen durch das Zentrum,
Ekkehart wird ständig angesprochen, und wir sehen außer uns auch keinen anderen
Touristen hier. Die Leute sind super freundlich, und da man uns unser
Auslädersein ansieht, ist es kein Wunder, dass sie ständig wissen wollen, woher
wir kommen. Gerade die jüngeren Leute können einigermaßen englisch für einen
Smalltalk, vereinzelt können Ältere sogar deutsch, worauf sie dann ganz stolz
sind. Ekkehart macht es Spaß, sich mal mit dem einen oder anderen zu unterhalten
und fragt die Leute ganz nebenbei aus nach Dingen, die ihn interessieren, auch
politische Themen...
In der Mittagszeit kaufen wir uns einen Snack (Falafel) und
setzen uns damit in die Sonne. Ja, es scheint tatsächlich die Sonne! Heute
morgen hat es bis ca 9 Uhr ziemlich geregnet, aber da waren wir noch im Hotel.
Seitdem nicht mehr. Wenn es so bleibt,
kann man gut was machen. In Jericho ist es wärmer als z.B. in Bethlehem, weil
es viel tiefer liegt. Über den Tag sehe ich mal irgendeine Anzeige, die 18 Grad
Celsius anzeigt. Gefühlt ist es weniger, weil ein stärkerer Wind weht, aber das
ist nicht wirklich schlimm.
Nach der Mittagszeit fahren wir Richtung Jordan und finden
die Taufstelle, die wir mit der Reisegruppe 2011 besucht haben. Heute ist es
hier windig, der Jordon trägt sehr viel Wasser, die stellen, an denen wir
damals gestanden haben, sind allesamt überflutet. Als wir ankommen, feiert
gerade eine orthodoxe Gruppe Tauferinnerung. Eingentlich wollten sie
augenscheinlich für diese Zeremonie ins Wasser, doch das geht gar nicht.
Überall sind die stellen mit rot-weißem Flatterband abgesperrt. So sprenkelt
der Priester ihnen nur etwas Jordanwasser über die Haare, und sie tauchen
allesamt ihre mitgebrachten Taufkleider ins Wasser und wringen das Wasser über
sich aus J.
Gegenüber an jordanischer Seite wollen zwei Frauen sich
taufen lassen. Was die beiden machen, habe ich auch noch nicht gesehen. Die
lassen sich nicht taufen, sondern taufen sich selber. Beide haben Taufgewänder
an und steigen (gegenüber geht das, da kümmert sich niemand) ins Jordanwasser,
um sich dort dann ganz unterzutauchen, erst die eine, dann die andere. Es
stehen Leute an Land, die ihnen dabei zugucken. Ja, und diese Taufkleider sind
ziemlich durchsichtig, und sie hätten lieber Badeanzüge drunterziehen sollen...
Auf unserer Seite ist die orthodoxe Gruppe fertig. Sie gehen
wieder zu ihrem Reisebuss. Jetzt wird auch das letzte Stückchen am Jordan
abgesperrt. Deshalb guckt die nächste Gruppe, die eintrudelt und taufen will,
in die Röhre. Deshalb nimmt es einer der Aufsichtspersonen vor Ort auf sich, 20
mal zum Jordan hinunterzusteigen und Taufkleider im Jordan nass zu machen, um
sie der Gruppe zurückzubringen – noch eine Variante!
Wir gehen wieder zu unserem Auto zurück, und der nächste Bus
rollt an. Pech, Freunde, taufen geht heute nicht! Alles überschwemmt!
Auf unserem Rückweg liegt links das Kloster St. Gerasinos.
Es ist das Kloster, dass wir 2000 mit unseren Kindern besucht haben. Das müssen
wir uns nochmal angucken. Hier ist vieles anders geworden. Es scheint inzwischen
nur noch von Frauen verwaltet zu sein, wobei: echte Nonnen haben wir hier auch
nicht gesehen. Wir setzen uns eine ganze Zeit lang (wir verlieren das Gefühl
für Zeit) für die persönliche Stille in die Kapelle des Klosters. Der Wind
saust über das Dach, es ist anheimelig und meditativ. Dort sitzen wir so lange,
bis eine alte Mutter kommt und uns fragt, ob wir hier schlafen („Sleeping?“)
Also, das sind sie hier anscheinend nicht gewöhnt, dass Leute sich so lange in
ihrer Kapelle aufhalten...
Auf dem Gelände dieses Klosters werden Mosaike hergestellt.
Überhaupt scheint das Buisiness mehr im Vordergrund zu stehen als damals, als
wir hier waren. Aber alles ändert sich. Dennoch hat der Ort etwas Oasenhaftes
an sich.
Als Abschluss trinken wir hier noch einen Kaffee, dann
fahren wir weiter.
Ein Abstecher ins Wadi Quelt endet vor einem riesigen
Abschlepper, der die Straße blockiert, so dass wir wieder umkehren müssen. Über
Ekkeharts Wendeaktion auf engem Weg neben einem ich-weiß-nicht-wie-tiefen
Abgrund will ich mich lieber ausschweigen...
Zurück ins Zentrum von Jericho: Langsam beginnt di Phase, in
der wir „alte Bekannte“ wiedertreffen. Das Zentrum ist überschaubar, eigentlich
knubbelt sich alles um einen Kreisverkehr in der Mitte der Stadt. Hier spielt
sich das Leben ab.
Als Abschluss des Tages kehren wir in einem arabischen
Restaurant ein und essen „arabisch gemütlich“.
Als wir fertig sind, hat bereits Regen eingesetzt. Es regnet
so stark, dass jede weitere Aktion damit im Keim erstickt ist. Gut, dann gehen
wir jetzt in unser Youthhostel und widmen uns dort der Besinnung, dem Lesen und
Schreiben – wie ich jetzt gerade. Es ist jetzt 19.30 h, also eigentlich noch
früh. Aber draußen ist es jetzt wirklich nur noch ungemütlich...
Ekkehart liest im Internet, dass es in ganz Israel
Überschwemmungen durch zu viel Regen gegeben hat. Für den Negev hat es heute Wüstensturmwarnungen
mit Sandstürmen gegeben. Jetzt wird uns auch klar, warum die Luft über Jericho
so dunstig aussah, obwohl es nicht feucht war wie bei uns bei Nebel. Das muss
der Wüstensand rundherum gewesen sein.
In Jericho selber war es den ganzen Tag schön, wir haben von
diesen Katastrophen rings um uns herum nichts mitbekommen. Allerdings fließt im
Moment überall Wasser, wo sonst keins zu sein scheint, denn die Menschen stehen
teilweise staunend an diesen reißenden Bächen herum und filmen es sogar.
Für morgen ist ähnliches Wetter angesagt. Eigentlich wollen
wir zum Berg der Versuchung, auf dem ein Kloster steht, um dort den Tag zu
verbringen, zu lesen...
Mal gucken, ob das überhaupt geht.
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