Freitag, 4. Januar 2013

Auf in die Wüste!

Auf mehrfache Nachfrage nutze ich die Gelegenheit, aus unserem Quartier in Bethlehem den ersten Post meines Reisetagebuches zu veröffentlichen.

31.12.2012

5.30 h: Der Wecker klingelt. Ich war schon 2 Minuten vorher wach. Gut, dass es losgeht, denn wie immer vor solchen Aktionen hab ich nicht besonders geschlafen J

Letzte Handgriffe in der Wohnung, damit Marcus und Miriam, die die Wohnung 2 Wochen nutzen werden, nicht total von unserem Chaos erschlagen werde – dann geht es um 6.15 h los. Hanna kommt mit zum Düsseldorfer Flughafen, um das Auto wieder mit zurück zu nehmen. Am Flughafen geht alles erstaunlich schnell.
Die übliche Kofferkontrolle fällt irgendwie aus, auch die übliche Befragung vor einer Israelreise. Das lief im letzten Jahr mit der Gruppe aber noch ganz anders...

Egal, wir sitzen dann ziemlich schnell im Abflugbereich und haben nun noch jede Menge Zeit.
Im Flugzeug: Man lernt nie aus, und besonders interessant sind doch immer wieder unsere Mitmenschen! In unsere Dreierreihe  kommt noch eine gut vollschlanke Fünfzigerin, um sich auf den Fensterplatz zu zwängen – neben mich.

Sie hat irgendwie einen spanischen Akzent, spricht auch eher englisch als deutsch. Als das Flugzeug startet, bekreuzigt sie sich neben mir, faltet die Hände und murmelt ein Gebet...
Wenn das alles gewesen wäre, wäre eine Erwähnung nicht der Rede wert. Doch die Geschichte nimmt ihren Fortgang. Wir sind kaum n der Luft, wird, wie immer, ein Snack angekündigt. Das Sandwich sei umsonst (for free), ein Menü müsse gezahlt werden. (Billigflieger!) Alles gut. Die Crew beginnt mit ihrer Arbeit. Als die Wagen bereits in den Gängen feststecken, möchte unsere Spanierin aufs Klo. Dazu müssen Ekkehart und ich aufstehen. Wir stehen kaum, da wird deutlich, dass sie dort nicht mehr hin kommt- die Mahlzeitenausgabe ist bereits in Gange. Okay, dann wieder hinsetzen; es gibt Wasser und Säfte, alkoholische Getränke kosten extra. Unsere Freundin nebenan bestellt erstmal zwei Gläser Sekt – man gönnt sich ja sonst nichts! Sandwich for free? Ja, gerne. Aber dann bitte  auch noch ein Menü, das Frühstücksomelett für 6,50 €.
Also, das Sandwich ist schon ziemlich kompakt: Ein Vollkornbeagel mit Käse. Macht gut satt! Aber – frau kriegt auch noch mehr rein...mit zwei zusätzlichen Gläsern Sekt, und dann nochmal zwei, bitte. Hui, das wären dann schon 6 Gläser Sekt! Einige Zeit später – eine Ladung hat sie schon zur Toilette gebracht – nochmal zwei Gläser Sekt. Sind jetzt 8! Beim Bezahlen kriegen wir mit, dass der Sekt frei ist – nur für sie speziell? Sie zahlt nur nämlich ihre 6,5o €, spendiert aber zusätzlich 20€ für die Crew! Aha, wer sitzt da eigentlich neben uns? Oder: War das Bestechung?
Werden wir sicher nicht unbedingt herausfinden...
Die Geschichte nimmt ihren Fortgang. In schneller Abfolge kippt die Lady sage und schreibe weitere 5 Gläser Sekt hinterher. Erstaunlich, dass sie den immer wieder bekommt, denn es kann doch nicht unbemerkt bleiben, dass sie sich gerade sinnlos betrinkt! Bei den letzten zwei Gläsern nimmt Ekkehart den Flugbegleiter diskret beiseite, um darauf hinzuweisen, dass es keine gute Idee sei, unserer Lady ein Glas Sekt, und meist im Doppelpack, nach dem anderen zu servieren, man sieht doch, wohin das führt. Doch dieser meint nur mit einem Blick auf sie, das würde man während der Bedienung nicht so mitkriegen... Wer´s glaubt! Sie hat trotz ihrer Volltrunkenheit dieses kleine Gespräch mitgeschnitten oder erspürt – jedenfalls fühlt sie sich gemüßigt, mir erst mal lang und breit zu erklären, dass sie keine Alkoholikerin sei, sondern lediglich panische Angst vor dem Fliegen hätte. Sie ist übrigens kaum in der Lage, richtig zu sprechen, das klappt nicht mehr so gut. Ich habe erwidert, dass es gegen Flugangst ja auch Medikamente gäbe, doch darauf ging sie nicht ein.
Tja, was soll ich sagen! Das letzte randvolle Glas ließ sie dann stehen, weil sie nicht mehr in der Lage war, es zum Mund zu führen. Bereits ziemlich distanzlos und ohne Gefühl für mich fuhrwerkte sie dann auf ihrem Sitz herum, bis sie mit einigen Zuckungen plötzlich einschlief – das randvolle Glas immer noch vor sich hin. Wir sahen das Glas schon kippen und sich auf meinen Rock ergießen, und es grenzte an ein Wunder, dass das nicht geschah. Als sie wieder aufwacht bzw. sich etwas heftiger rührt, kann Ekkehart das Glas gerade noch auffangen, nimmt es ihr weg und bringt es der Crew mit dem Hinweis auf den Zustand der Lady. Die Crew scheint das immer noch nicht besonders ernst zu nehmen. Man nimmt ja niemanden mit an Bord, der betrunken ist, aber an Bord darf man sich sinnlos betrinken!?

Nach der Landung in Tel Aviv bleibt sie sitzen – sie konnte auch gar nicht aufstehen. Wir haben das Flugzeug verlassen, ohne nochmal zurückzusehen, weil wir irgendwie keinen Bock hatten, womöglich auch noch vollgekotzt zu werden...

Wie sie die da rausgekriegt haben, wissen wir nicht. Sollen ihre Suppe doch auslöffeln, die sie sich mit dem maßlosen Verteilen von Sekt „free“ eingebrockt haben...

Tel Aviv: Wir holen unseren Mietwagen, dann hinaus an die israelische Sonne! Wärme! Es ist der 31.12., es ist Silvester, und es ist warm!!!!

Jetzt fahren wir durch´s Land Richtung Wüste, mit leerem Magen, aber richtig glücklich. Beer She´eba ist das nächste Ziel. Dort kaufen wir ein, um dann noch unser Camp zu erreichen...
Es wird schnell dunkel, allerdings etwas später als zu Hause. Die Landschaft eitd wüstenhaft schön, felsig. Wir passieren bekannte Orte, die Ben Gurion-Stätten – endlich sind wir in Mizpe Ramon. Jetzt beginnt der spannende Moment, wie und ob wir das Camp vorfinden, ob wir da übernachten können...

Die Strecke dorthin ist länger als wir es in Erinnerung haben. Besonders die letzte Strecke, die eigentlich nur noch 5 km sind und ohne Asphaltstraße, ist dann nur noch mit 30 km/h zu befahren und dauert entsprechend lange.

Gegen 19 Uhr haben wir unser Ziel erreicht. Der erste Eindruck: Zum einen ist es stockfinster, zum anderen wimmelt es hier von Jugendlichen. Ein riesiger Lastwagen steht vor einem großen Zelt, es ist ein Verpflegungsfahrzeug, wie wir später sehen. Und dann noch ein, zwei Busse. Wir werden von einem Camp-Mitarbeiter angesprochen. Ja, wir wollen hier bleiben. Er stellt uns in Aussicht, dass die Jugendlichen heute noch abziehen und es dann leiser wird J Wir haben doch gar nicht gemeckert!
Er weist uns eine Zelteinheit zu, stellt uns Matratzen – alles andere haben wir mit. Essen gibt es hier nicht im Campground. Und er ist erleichtert zu hören, dass wir unser Essen dabei haben.

Wir richten uns ein, dann wird getafelt: Fladenbrot, Hommos, Käse, schwarze Oliven, Wein.... was braucht der Mensch mehr!?

Es wird deutlich kühler, seit die Sonne weg ist. Doch unsere Schlafsäcke halten das alles aus, und diese erste Nacht unter Wüstenhimmel ist idyllisch,  auch wenn wir nicht durchschlafen. Es ist einfach nur schön!

1.1.2013 

Mazel tov! Neujahr! Wir haben es verschlafen. Na und? Wir sind in der Wüste, und die Sonne holt uns aus den Schlafsäcken.
Der erste Sabbattag beginnt mit einem israelischen Frühstück. Nur der Kaffee fehlt. Da müssen wir noch dran arbeiten.

Lesen, chillen, Hörbibel...

Auch so kann ein Tag vergehen J
Wetter: Tagsüber wird es schön warm, besonders in der Sonne, nachts geht es gut runter mit der Temperatur...

Wir ernähren uns immer noch von unserem ersten Einkauf. Alles gut, bis wir zu unserem Abendessen kommen. Wir hatten im Campground-Kühlschrank Hommos und Käse eingelagert. Wo ist die Tüte? Weg! Geklaut? Uns war schon in der vorigen Nacht eine Wasserflasche gemopst worden, die wir vor unserem Zelteingang stehen ließen...und jetzt das?
O schade, hatte mich auf das leckere Sesam-Mus gefreut...
Auf Nachfragen an der „Rezeption“ (das kann man kaum so nennen, deshalb die Anführungszeichen) wird mir erklärt, dass es sein könnte, dass das Essen mit den Resten der Gruppe, die vor uns war, aus Versehen entsorgt worden sein könnte... Ne, nä?

Okay, vertrösten wir uns auf morgen, dann fahren wir nach Mizpeh Ramon, um nachzurüsten... Das Abendessen fällt noch gut aus, zum Frühstück bleibt nicht mehr viel.

Ein Phänomen: Da es ja auch irgendwie schnell dunkel wird, kann man nicht mehr viel machen. Hörbibel ist da grad das Richtige, doch um 21 Uhr (!) kriechen wir beide bereits in unsere Schlafsäcke. Es wird kalt, da kann man nur noch im Schlafsack weiter existieren...
Ich glaube, ne halbe Stunde später bin ich eingeschlafen J

02.01.2013

Die Morgensonne kitzelt die Nase – aufwachen! Das ist schön: Die Sonne geht direkt vor unserem Zelteingang auf, und sofort ist auch ein bisschen Wärme da. Wenn man hier duschen will, muss man vorher Bescheid sagen, dann wird das Wasser angeheizt. Heute wollen wir. Zu meiner Überraschung ist das Wasser dann auch richtig schön heiß – wunderbar! Und nachher fühlt man sich so schön frisch J
Nach unserem kargen Frühstück mit trocken Brot und Wasser (und für mich noch ein kleines Beefi) machen wir uns fertig für unseren Shopping Trip nach Mizpeh Ramon. Das ist nicht ganz unaufwendig, denn der Trip durch die Wüste ist zwar nicht sehr lang (ca. 5 km), aber dafür holperig und nur langsam zu bewältigen. Doch heute können wir die Gegend so richtig genießen, denn bei der Ankunft war es ja dunkel. Auch den „Aufstieg“ über die dann asphaltierte straß genießen wir sehr, und sind dann auch bald da.

In Mizpeh R. finden wir nach einigem Rumfahren dann einen Supermarkt und decken uns hier ein. (Später im Camp merken wir dann, dass wir den Käse wohl an der Kasse liegen gelassen haben...Wir sollen wohl keinen Käse essen!!! Erst ist er geklaut, und jetzt nicht mitgekommen...)

Dann sehen wir da so eine kleine „Restaurantmeile“, also das ist eigentlich auch noch übertrieben. Vier kleine Imbisse nebeneinander, davon gibt´s in dem einen  Kaffee. Also, danach ist mir jetzt wirklich!
Und als wir davor sitzen, stelle ich via iPhone fest, dass eines der Imbisse freies WLAN hat. Also nichts wie ran und mal gucken, was die Welt macht!

Ekkehart holt seinen Laptop aus dem Auto und sichtet einige Mails, unter anderem auch deswegen, weil wir noch auf die Antwort der Shawans in Bethlehem warten, ob wir uns mal treffen können. Ja, die Antwort ist da, und das Treffen kann stattfinden!

Ja, und ein kleiner Post auf FB muss natürlich auch sein J Unsere kleine Welt in Germany soll wissen, dass es uns gut geht!

Anschließend genießen wir noch die Sonne und den Blick auf den Krater, in dem wir derzeit leben. Hier haben wir vor eineinhalb Jahren mit der Reisegruppe gestanden! Aber heute unter anderen Witterungsbedingungen. Damals war es so heiß, dass die meisten Schatten suchten und den interessanten Ausführungen unseres Reiseführers nicht lauschen konnten J.

Zurück im Campground wird erst mal fürstlich getafelt J Und dann wieder weiter in unserem „Sabbatprogramm“ mit Stille, lesen – nach dem Tagebuchschreiben J

Wenn man hinter unserem Zelt auf den Hügel steigt, sieht man am Horizont die Sonne versinken. Das gönnen wir uns heute – schön! Danach gibt´s unser Abendessen – und weiter geht´s mit Hörbibel und lesen...

Neben uns (hier wird ein Raum vom anderen ja nur mit einer Plane abgehängt) ist ein französisches Pärchen eingezogen. Meine Güte, die haben Spaß miteinander! Sie kommen zur Schlafensgehenszeit vor lauter Gekicher nicht zur Ruhe...

3.1.2013

 Wüstentag Nr. 3: Heute bin ich eher wach, aber bloß, weil mein Bläschen drückt. Und es ist einfach noch zu frisch draußen, als dass die Vorstellung, aufs Klo zu gehen besonders verlockend sein könnte. Na, irgendwann geht´s dann nicht mehr anders. Im Lager herrscht bereits Leben kurz vor sieben...

Na, dann wollen wir auch mal...

Da aber bereits beim Frühstück schon wieder der Schaufelbagger in vollem Gange ist, packen wir unsere Siebensachen und fahren weiter in die Wüste hinein, um ein ruhiges Plätzchen zu finden.
Die Wüste hat was, das muss man wirklich sagen!

Wir haben unsere Decken mit und platzieren uns irgendwo in die Landschaft hinein, um zu lesen und zu meditieren. Hier ist es – bis auf die ständigen Militärflugzeuge, die über den Krater hinwegdonnern, relativ ruhig.

Am späten Mittag kommen wir zwecks Essen zurück. Da ist es auch im Camp ruhig geworden – bis eine Horde der Kinder Israels einfällt, um eine kurze Rast zu machen und aufs Klo zu gehen. Aber auch das geht vorbei.

Den Rest des Tages ist es sehr still. Wir sind zur Zeit die einzigen Gäste und genießen das gerade mal... J

Erst gegen vorgerückten Nachmittag erscheint ein Waldschrat mit seinem Hund. Luca heißt er. Man hat ja schon ne Menge Hunde und ihre Herrchen beobachten können; aber dieser ist einer von der ungehorsamen Sorte. Ob sein Herrchen was sagt oder „hopp!“ – ist doch egal! Luca latscht erst mal überall ungestraft rum. Doch als er in unser Zelt spaziert, sag ich ihm deutlich im entsprechenden Ton, was ich davon halte. Man merkt, dass er kein Gehorsam gewohnt ist, aber er hat Schiss, und deshalb trollt er sich dann mit eingezogenem Schweif...
Sein Herrchen ist ebenfalls etwas distanzlos, stellt erst mal die Hundefutterschale auf unserem Tisch ab, an dem wir gerade unser Abendessen aufbauen...

Nach dem Essen setzen wir uns in die gemütliche Ecke mit den Sitzmöbeln. Ekkehart hört Hörbibel, ich lese den „Tiefgänger“. Doch unser neuer Zeltnachbar (er campiert übrigens direkt neben uns, nur durch eine Plane getrennt), hat sich ebenfalls hier niedergelassen und entertaint das Camp-Personal. Eine Zeitlang kann man das ausblende, aber er spricht und spricht und spricht, wirklich dauerhaft. Irgendwann bin ich von dieser Dauerbeschallung so erschöpft, dass ich todmüde bin. Es ist erst kurz nach19.00 h, aber es ist ja Sabbatzeit. Wer diktiert mir also, wann ich ins Bett gehen darf?


4.1.2013

Ich muss ziemlich schnell eingeschlafen sein. Und ich bin nachts auch nicht öfter wach geworden als sonst. Meine Wachphasen wurden dann noch etwas durch das doch recht unüberhörbare Schnarchen unseres „Zimmernachbarn“ ausgedehnt. Fein, das muss man mal erlebt haben...
Gegen 5.30 h werde ich wach, weil Ekkehart zur Toilette gehen will. Dazu muss man sich hier komplett anziehen, es ist einfach viel zu kalt, wenn man aus dem Schlafsack kriecht. Er geht also, im gleichen Augenblick höre ich, wie unser Nachbar auch mal muss, denn er geht auch, hinter Ekkehart her, ich höre ihre Stimmen...ja, und dann fängt Luca an zu heulen, weil sein Herrchen weg ist. O nein, Hundegejaule! Wie schön ist das denn morgens um 5.30 h!
Danach döse ich nur noch.
Ekkehart erzählt mir kurz nach dem endgültigen Aufwachen, er sei so gegen halb zehn zu unserem Schlafplatz gekommen. Da musste er mit ansehen, wie Luca gerade einen Spaziergang durch unser Zelt machte, tippel-tippel an uns vorbei („Ein Glück, dass du schon geschlafen hast!“) verschwand hinter der nächsten Zeltwand, wo die vielen Matratzen aufgetürmt waren, machte sich dort zu schaffen, reagierte gar nicht auf die Ruflaute seines Herrchens, und irgendwann erschien er wieder, und zurück durch unser Zelt rüber zu seinem Herrchen...
Ein Glück, wir gehen heute.

Nach dem Packen wollen wir zahlen. Doch die elektronische Kasse macht Ärger, und so dauert der Vorgang etwas, bis sie sich entschließen (sie wollen halt gerne von der Karte abbuchen und kein ausländisches Bargeld), den Vorgang erst am Sonntag zu bearbeiten. – In der Hoffnung, dass das alles schon okay ist, machen wir uns auf den Weg nach Bethlehem. Bis zu dem Zeitpunkt, wo wir merken, dass wir Ekkeharts Handyladegerät m Zelt gelassen haben. Zwei Kilometer zurück fahren hört sich nicht schlimm an, doch auf Straßen, die man besser „Fourweeled“ fährt, etwas mühevoll. Ich hole das Ladegerät, dann aber nun endgültig. Erst mal nach Mizpe Ramon, frühstücken. Wir finden das Café NETO, das auch WLAN hat und uns den Code zur Verfügung stellt, frühstücken fürstlich, wenn auch spät, und ahnen zu diesem Zeitpunkt noch nicht, dass unsere nächste Mahlzeit heute wird auf sich warten lassen müssen...

Da wir nach unserer Bethlehemzeit wieder in die Wüste zurück wollen, machen wir in Mizpeh R. noch einen Abstecher zu einem anderen Camp, von dem Ekkehart die Adresse dabei hat. Das Ding ist echt freakig, Aussteigerszene. Hat irgendwie was, ist aber auch ganz schön teuer für das, was es bietet.  Ein junger Freak führt uns rum, der glatt aus der Jesus-People-Bewegung entlaufen sein könnte. Er fragt, ob wir hier jetzt einchecken möchten. Nein, wollen wir nicht, wir wollen heute noch nach Jerusalem, vielleicht in ein paar Tagen. „Jerusalem?“ Er glaubt, es sei sein Glückstag und nennt es ein „miracle“, denn da wolle er auch hin, ob wir ihn mitnehmen können. Ja, warum nicht, wenn er meint, dass er in unserer kleinen Kiste und zwischen unserem Gepäck Platz findet.
Er packt und findet Platz – wo ein Wille ist, ist auch ein Weg J

Wir wählen den Weg auf der rechten Seite am Toten Meer entlang. Als er das checkt, beginnt er mit einigen Endlostelefonaten zu klären, ob er vielleicht lieber in En Gedi bleibt. Da er Ivrit spricht, kann man nur ahnen, was er sagt. Unterwegs erklärt er uns, dass er wohl keinen festen Wohnsitz hat, sich versucht mit Fotografieren Geld zu verdienen und im Camp seit einer Woche gewesen ist um für die Betreiber Fotos zu machen. Nun wollte er erst mal Richtung Jerusalem, aber das schien nur so ein grobe Richtung zu sein, denn schließlich ließ er sich bei En Gedi raussetzen.

Von da an ging unsere Fahrt allein weiter, wir hielten noch hier und da an schönen Stellen am Toten Meer, bis wir dann nach Jerusalem hineinfuhren.
Ekkehart wollte erst mal wieder zum bekannten Panoramablick und tauchte auf diesem Wege plötzlich in eine Straße rein, von der ich mir sicher gewesen wäre, dass sie eine reine Fußgängerstraße  ist. Ja, es ist die kleine Gasse, die wir im August 2011 mit der Reisegruppe vom Aussichtspunkt nach unten in die City gegangen sind. Auf meine erschreckte Nachfrage, was wir denn hier machen würden, sagt Ekkehart nur: “Hier wollte ich schon immer mal mit dem Auto hochfahren, weil ich gesehen habe, dass die Jerusalemer das machen.“ Und dann noch nicht mal Einbahnstraße! Was macht man hier, wenn einer von vorne kommt? Null Chance! Ich schwitze alles, was man so schwitzen kann plus Gebet...
Am letzten Hang kommen wir mit der kleinen Schüssel kaum hoch, die Reifen drehen durch. Ekkehart freut sich J über meine Angstbekundungen...
 Dann sind wir oben und genießen die Aussicht.

Jetzt aber auf Richtung Bethlehem!
Nach einigem Zögern entschließen wir uns, den Mietwagen in einer Seitenstraße zu parken und dann rüber zur „border“ zu gehen. Ekkehart sucht seine Papiere zusammen. Upps, wo ist der Paß?
Es folgt eine  gefühlte halbe Stunde Suchen. Erfolglos. Wo könnte er sein?
Eine Möglichkeit wäre – da hatte er ihn das letzte Mal in der Hand – dass er in Tel Aviv am Airport bei HERTZ liegt.  Und wenn nicht? Es bleiben uns nicht viele Möglichkeiten, und so fangen wir mit der einfachsten an. Wir suchen im Plan die nächste HERTZ-Station in Jerusalem und steuern sie an. Vielleicht können die uns weiterhelfen und einen Kontakt mit dem Flughafen-HERTZ vermitteln, um nachzufragen. Auf dem Weg zurück in die Old City erwähne ich beiläufig, dass ja jetzt gleich Sabbateröffnung ist. Wie, Sabbat? Ist heute Freitag? Ekkehart sieht seine Felle davon schwimmen, denn das würde bedeuten, dass HERTZ schon geschlossen hat. Und tatsächlich: Es ist erst einige Minuten nach 16 Uhr, aber die HERTZ-Niederlassung hat bereits geschlossen. Was nun? Ekkehart läuft Richtung „King David“ – Hotel, dem renommiertesten Hotel am Platz (und vergleichbar mit dem ATLAON in Berlin am Brandenburger Tor!). Was er da will? Er hofft, dass die uns helfen können. Das Auto lassen wir bei HERTZ stehen.
Der Mann an der Rezeption ist hilfsbereit und stellt uns das Telefon zur Verfügung. Es dauert ein bisschen,  bis Ekkehart sich durchgefragt hat und schließlich bei HERTZ am Flughafen Ben Gurion/Tel Aviv landet. Er erklärt sein Anliegen. Der Mann an der Rezeption versucht seine kleine Neugierde zu verbergen, aber er hört zu. J Es geht ein bisschen hin und her, bis Ekkehart plötzlich sagt:“You have it?“ Halleluja! Sie haben ihn! Auch der Angestellte feiert mit uns J . Wir vereinbaren, dass wir jetzt noch am Flughafen vorbeikommen (einmal Tel Aviv hin und zurück J ) und uns den Pass abholen. Wir wollen es trotz allem versuchen, heute noch nach Bethlehem zu kommen. Es ist 16.30 h, als wir losfahren. Ne knappe Stunde später sind wir da. Unterwegs haben wir dann noch überlegt, dass Ekkehart bei der Gelegenheit auf die komischen Geräusche beim Bremsen zu sprechen kommen will. Das fühlt sich nicht sehr sicher an. Vielleicht tauschen sie uns das Auto, es ist eh nicht der Hit.
Und, was soll ich sagen, genauso geschieht es. Der Pass ist da, das Auto getauscht und wir auf dem Rückweg nach Jerusalem bzw. nach Bethlehem. Es ist Jetzt 18.00 Uhr.

Im Nachhinein fragen wir uns, ob das nicht alles so gelenkt war. Wir sind nur aufgrund des Passes nach Tel Aviv zurück gefahren. Erst auf dem Weg haben wir überlegt, ob es nicht sicherer wäre, bei dieser Gelegenheit das Auto zu tauschen. Denn wir konnten das Geräusch nicht einschätzen. Es war nicht wirklich dramatisch, doch auch nicht zu erklären. So haben wir nun einen etwas besseren Wagen, er liegt sicherer auf der Straße und macht insgesamt einen solideren Eindruck.
Also, würde mal sagen: Unser Herr hält seine Hand über uns!

Am „Eingang“ nach Bethlehem setzt Ekkehart mich samt Gepäck ab und fährt ein Stück zurück, um irgendwo den Mietwagen abzustellen. Einige Taxifahrer versuchen uns zu überreden, per Taxi nach Bethlehem hinein zu fahren, doch wir wollen zu Fuß rein. Ja, und dann ist Ekkehart wieder da, wir machen uns auf den Weg durch die Schleusen. Erstaunlich, wir werden nur durch gewunken, niemand will unsere Pässe sehen, niemand kümmert sich um uns – und plötzlich stehen wir in Betlehem. Ja, und auch hier wie immer: Eine Horde von Taxifahrern will uns eine Fahrt aufdrücken. Nun bauchen wir ja auch eine zu unserer Unterkunft, und da muss man sich dann für einen entscheiden. Jeder kämpft bis zum Schluss um die Fahrgäste, nur einer kann den Zuschlag bekommen. Einer gewinnt, er kann dann allerdings nicht mal englisch, die leichtesten Wörter für Smalltalk sind ihm unbekannt. Hoffentlich hat er wenigstens unser Ziel verstanden. Nein, hat er nicht. Wir landen or einem Youth Hostel, hier fragt er erst noch mal. Die wissen bescheid, und so landen wir dann auch vor dem Hostel „House of Peace“. Der Taxifahrer nimmt einen Wucherpreis, wir hatten auf dem Platz zwar darüber gesprochen, aber das Taxameter zeigt deutlich weniger an. Egal, für uns ist es immer noch billig. Wir sind da!
Ein nettes altes Ehepaar erwartet uns fröhlich, wir werden zu einem Tee in ihr Wohnzimmer gebeten und stellen schnell fest, dass wir Glaubensgeschwister sind. Sie wären so etwas zwischen Baptisten und Pfingstler J - wie wir, meint Ekkehart. Und: Hier wird noch bis einschließlich zum 18. Januar (dann das dritte Mal) Weihnachten gefeiert. Wie zum Beweis, knipst er erst mal den Tannenbaum an, und dieser blinkt nun in allen Grundfarben fröhlich vor sich hin...
Unser Zimmer liegt im 2. Stockwerk, wir scheinen im Moment hier alleinige Gäste zu sein. Zu unserem Zimmer gehört ein Bad, und bis auf die Unbeheizbarkeit ist es echt nostalgisch-nett. Kalt ist es leider auch in Bethlehem.

Wir machen und dann gegen 20.15 h auf, um ein bisschen zu bummeln und auch was essen zu gehen. Unser Quartier ist unweit der Geburtskirche, und das ist dann auch erst mal unser Ziel. Ein riesiger Tannenbaum steht auf dem Platz vor der Kirche, und auch hier: Über und über ist nicht nur er, sondern auch die Straßen mit Weihnachtsbeleuchtung in allen Farben ausgestattet. Viele Figuren wie erleuchtete Engel und andere Weihnachtsfiguren überladen das Gesamtbild nur noch mehr. Das kann man fototechnisch gar nicht richtig einfangen.

Erst ziehen wir uns eine Falaffel rein, dann finden wir noch eine italienische Weinstube, wo wir uns dann auch noch mit einer Palette von Vorspeisen abfüllen.
Eine Gruppe von Amerikanern, die wir schon draußen getroffen haben, ist hier auch wieder. Sie scheinen im angeschlossenen Hotel zu wohnen.
Gegen 22 Uhr geht’s heim, es regnet!
Die erste Nacht in Bethlehem erwartet uns!













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