Sonntag, 13. Januar 2013

Negev - Wüste


13.1.2013
Weiter geht die Reise. Wir haben bei Eilat etwas gefunden, was nur halb so teuer ist wie der Kibbutz. Hier im Kibbutz gefällt es uns zwar ausgesprochen gut, doch das geht auf Dauer nicht. Also frühstücken wir zusammen mit den Kibbutzim (lecker Fisch!), packen und machen uns wieder auf den Weg.

Wüstentag, Wüstenzeit: Im Negev gibt es eine faszinierende Gegend, die sich Timna nennt. Hier verbringen wir  heute den Tag. Um uns herum nur Sand und riesige Felsen, von der Natur ausgewaschene Sandsteine, bizarre Formen...
Wüste hat viele Seiten: Da ist die Faszination des Weiten, die Beruhigung für das Auge, das im normalen Alltag so vielen Reizen ausgesetzt ist und Informationen an das Gehirn sendet, die wir oft gar nicht alle aufnehmen bzw. verarbeiten können.
Die Wüste dagegen sieht von diesem Standpunkt aus eher eintönig aus – oberflächlich gesehen. Doch erst das genaue Hinsehen sensibilisiert das normalerweise unsensible Auge für Kleinigkeiten, Besonderheiten: Die besondere Felsenform, die aussieht wie ein Schädel oder ein großer Pilz, wie eine Spirale..., der weiße und rötliche Sand, in dem sich die verschiedensten Spuren von Menschen und Tieren befinden, die vertrockneten Gräser, die nach Regen lechzen und dankbar jeden Tropfen registrieren, die Stille, in die hinein ein Vogelzwitschern bricht oder der Wind leicht säuselt, die Sonne, die sticht, aber auch gut tut nach einer kalten Nacht...

Was bedeutet es, hier zu sein und „Wüste“ wahrzunehmen? Was bedeutet es, "sein Herz in die Wüste zu führen" (das hab ich gelesen :-))? Bedeutet es, einfach nur mal nichts zu tun, einfach zu sein? Was lehrt mich die Wüste?

Die Wüste lehrt mich, mehr auf meinen Körper und seine Bedürfnisse zu hören. Ist er erschöpft, gönne ich ihm Ruhe. Hat er Hunger, gebe ich ihm etwas zu essen.
Das ist nicht der Alltag. So können wir im Alltag nicht leben, denn er fordert von uns, den Tag durchzuhalten. Doch auch in unseren Alltag sind Pausen eingeplant, die wir nur oft nicht einhalten, sondern auch während des Essens noch weiterarbeiten, Mails checken, SMS schreiben, telefonieren...
Ich möchte wieder lernen, Pausen bewusster zu machen und sie wirklich als Pause, als inneren Ausstieg aus der Arbeit und den Verpflichtungen, zu sehen, und seien sie noch so kurz!

Die Wüste lehrt mich auch, meine Umgebung bewusst wahrzunehmen, auf Kleinigkeiten zu achten, die Schönheiten im Detail zu sehen, sich an Winzigkeiten zu freuen.

Die Wüste lehrt mich, Stille zu empfinden und auszuhalten, eigene Gedanken zu Ende zu denken und nicht durch äußere Reize unterbrochen zu werden.

Ich glaube, es gibt noch viel mehr, was ich in der Wüste lernen kann. Das muss ich noch herausfinden...

Nach einem wunderschön ruhigen Tag zwischen den Felsen in der Sonne, im Halbschatten, reißen wir uns los von der faszinierenden Landschaft und ihrer absoluten Stille, die nur hin und wieder durch Vogeltöne oder Windgeräusche unterbrochen wird, und machen uns auf in unser nächstes Quartier.

Für heute Nacht sind null Grad angesagt. Das sind so allmählich die Temperaturen, bei denen ich wirklich nicht mehr draußen schlafen möchte, egal, wie stark ein Schlafsack wärmen kann. Aber hat man jemals darüber nachgedacht, was ist, wenn ein Gang zur Toilette fällig wird? Wir haben keine Pelzmäntel mitgenommen!
Auch die Israelis hier sagen, dass dies der strengste Winter sei, den sie seit langem erleben müssen. Null Grad in dieser Gegend ist äußerst ungewöhnlich. Die Menschen hier sind gar nicht darauf eingestellt. Sie laufen in Wollmützen und dicken Schals herum. Da sind wir aus dem kalten Deutschland ja noch abgehärteter!
Aber – wie gesagt – draußen möchte ich jetzt nicht schlafen.
Deshalb haben wir uns in ein preisgünstiges Hotel in Eilat eingemietet und können von hier aus tagsüber in die nahe Wüste, den Negev fahren.
Denn tagsüber bei Sonnenschein sieht die Welt schon anders aus. Wenn die Sonne scheint, hat sie richtig Power...so wie heute in Timna, 30 km vor Eilat.



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