Freitag, 18. Januar 2013

Hebron



Hebron! Ekkehart erfüllt sich einen langen Wunsch. Wir hatten gestern mit unseren Gastgebern geklärt, dass es kein Problem ist, mit einem Mietwagen nach Hebron zu fahren. Wir sollten nur einfach die Strecke benutzen, die von Israelis gefahren wird. Und vor Ort ist ebenfalls schon dafür gesorgt, dass wir eine Stadtführung bekommen.

So kann es los gehen. Hebron ist über die 60 von Bethlehem aus zu erreichen.  Wir finden die Strecke und sind gegen 9.30 h da. Das heißt, zum Schluss sind wir uns gar nicht mehr so sicher, ob wir die richtige Straße erwischt haben, denn vor Ort finden wir zwar das Patriarchengrab, wissen aber nicht, wo der Souvenirshop  ist, an dem wir uns mit Mohammed treffen wollen. So parken wir den Wagen einfach vor dem Grabmonument, das von einer Moschee und einer Synagoge „side by side“ bewacht wird und jeweils von dort zugänglich ist. Und dann besichtigen wir das Monument. Wir können heute am Freitag nur in die Synagoge hinein, nicht in die Moschee, weil heute der Feiertag der Muslime ist. So haben wir nur einen einseitigen Einblick auf die „Gräber“, der imposante Teil ist laut Fotos aber auf der anderen Seite, auf der Seite der Moschee.

Wir lassen uns in der Synagoge einiges von jemandem erklären, der genug englisch kann, um uns eine Einführung aus jüdischer Sicht zu geben.

Auf der Seite der Moschee ist nichts zu machen, obwohl Ekkehart es nochmal versucht. So tauchen wir in den Old-City-Market ab. Natürlich kleben uns sofort potentielle „guides“ an den Hacken, die wir nur schwer davon überzeugen können, dass wir bereits mit jemandem verabredet sind, ihn nur noch nicht gefunden haben. Das glaubt uns irgendwie niemand. Im „market“ ist es wie in allen dieser arabischen Märkte: Jeder möchte natürlich verkaufen, überall gibt es nur billige Sachen J.

Als wir wieder zu unserem Ausgangspunkt vor der Moschee zurück kommen, spricht uns ein junger Mann an: Mohammed! Er hätte hier auf uns gewartet, was denn passiert sei. Gut, wir haben es ihm erklärt, und er zeigt uns, dass der Shop seines Vaters tatsächlich gegenüber der Moschee liegt. DIESEN Shop hatten wir nicht mit einem palästinensischen Shop identifiziert, weil er auf der „anderen Seite“ lag. Das sei eine Ausnahme von weitern 5 Sondergenehmigungen, die es an dieser Stelle gibt, erklärt er uns.

Jetzt gibt es erst mal einen Kaffee für uns, dann folgt eine Präsentation, die Mohammed erstellt hat. Er wirbt dafür, dass Menschen aus der ganzen Welt kommen sollen, um sich vor Ort ein Bild von der Situation in Hebron und damit allen palästinensischen Gebieten zu machen. Sein Kleinunternehmen heißt „Explore West Bank“.
Und nun geht es in die Praxis. Zunächst stellt er uns eine 2 – Stunden-Führung in Aussicht. Doch dann kommt etwas dazwischen. Er bekommt einen Anruf über den plötzlichen Tod eines Freundes, der erst 23 Jahre alt ist. Er möchte nicht, dass wir ihm seine Erschütterung ansehen und will mit uns weiter machen. Doch er ist nicht mehr bei der Sache, was man ja verstehen kann. Dann kommt eine weitere Sache dazu: an einer der Sperren, die die ganze Stadt in verschiedene Abschnitte teilt und an denen es den Palästinensern verboten ist, in bestimmte Straßen hineinzugehen, ist ein Tumult. Wir gehen hin, und Mohammed erfragt die Situation, um sie uns dann zu erklären. Gerade ist ein 18 jähriger Palästinenser von der israelischen Polizei festgenommen worden. Der Grund ist, dass irgendjemand (wer auch immer) von der palästinensischen „Seite“ aus einen Stein nach einem Soldaten geworfen haben soll. So ist die israelische Polizei sofort durch die Sperre gekommen und hat diesen besagten jungen Mann (der es wahrscheinlich gar nicht gewesen ist) festgenommen. Wir stehen nun vor seiner Mutter, die weint. Sie hat noch kleinere Kinder. Wir gehen zusammen mit ihr und Mohammed zu ihrem Haus, und dort versucht er, durch einige Telefonate zu regeln, dass es Möglichkeiten gibt, dass die israelische Polizei erfährt, wen sie festgenommen hat (damit es keine namenlose Person bleibt) und er für die Zeit seiner Inhaftierung Besuch durch seine Familie bekommen kann.
Solche Inhaftierungen kommen öfter vor, sagt Mohammed, und sie können bis zu einigen Monaten dauern. Aber das weiß man vorher nicht.

Die Situation in Hebron ist politisch seit Jahren superkompliziert. Einige 100 Siedler leben bewacht von wiederum einigen 100 Soldaten in dieser Stadt mit ca. 200.000 palästinensischen Einwohnern. Hebron ist für die Juden als Grabstätte der Erzväter und –mütter und als erste Königstadt Davids usw. ein sehr wichtiger Ort. Im Zentrum der Stadt gibt es insgesamt 4 kleine jüdische Siedlungen (settlements), im kleinsten lebt nur eine Familie, in den größeren 100-200 Personen. Durch Vorkommnisse in den letzten Jahren und Jahrzehnten war die Situation in der Stadt oft sehr aufgeheizt. Als Folge von all dem ist die Innenstadt sehr kompliziert aufgeteilt. Es gibt Straßen, die komplett gesperrt sind, nur zum Teil gesperrt sind oder in denen lokale Muslime nicht laufen dürfen, aber Muslimen als Touristen ist es erlaubt, usw. usw. Es ist trotz ausführlichem Stadtplan für uns nicht leicht zu verstehen. Eine Lösung für die Situation? Wir sind ein wenig ratlos...

Mohammed kann sich nun überhaupt nicht mehr auf uns konzentrieren. Er vergewissert sich, dass wir uns gut versorgt fühlen (ja, das fühlen wir uns, denn seine Präsentation hat vieles gezeigt, was wir nun noch auf eigene Faust ablaufen können), und er verabschiedet sich von uns.
So ziehen wir allein weiter, Richtung dem Stadtteil, der das heutige Hebron ausmacht und weniger Geisterstadt ist wie die Old City. Vielleicht sind hier noch ein paar Geschäfte offen, eventuell könnten wir was zu essen kaufen...
Doch auch das stellt sich im Endeffekt etwas dürftig dar, wir sind froh, dass wir irgendwann einen offenen Imbiss finden und Shawerma (so was wie Döner) zu essen bekommen)

Irgendwann können wir nicht mehr laufen und gehen zurück zu unserem Auto. Da es noch früh genug ist, fahren wir nun noch nach Jerusalem rein, denn: Heute ist wieder Sabbatheröffnung an der Klagemauer! Ist das tatsächlich schon ne Woche her?
Wir kommen rechtzeitig zum Sonnenuntergang. Es wimmelt hier von Leuten. Heute ist es wärmer als letzte Woche, mehr Menschen haben sich auf den Weg gemacht. Vor der Klagemauer selber kann man kaum treten, sagt Ekkehart (Ich darf da ja nicht rein J ) Aber auch auf dem Platz davor ist es voll.

Nach einem vollen Tag fahren wir zurück in unser Quartier, bekommen hier noch was Warmes zu essen und können nun noch ein wenig abhängen J

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